# taz.de -- Deutschlandweite Ostermärsche: Verständnis für Günter Grass | |
> In 100 Städten haben Ostermarschierende eine friedliche Lösung im Nahen | |
> Osten gefordert. Viele kritisierten die Reaktionen zum umstrittenen | |
> Gedicht von Günter Grass. | |
Bild: Bunter Protest: Demonstranten vor dem Bundestag. | |
BERLIN dapd/dpa/afp/taz | Die jährlichen Ostermärsche der Friedensbewegung | |
gingen am Montag zu Ende. Fünf Tage lang hatten Demonstranten gegen die | |
Gewalt in Nahost, die Atomkraft, und die Nato protestiert. Auf den | |
Ostermärschen äußerten Teilnehmer auch Verständnis für den umstrittenen | |
Schriftsteller Günter Grass und sein Gedicht zu Israel. | |
Deutschlandweit gab es seit Donnerstag etwa 80 Ostermärsche durch 100 | |
Städte. Laut der Informationsstelle Ostermarsch entsprach die Beteiligung | |
den Vorjahren. Eine Gesamtschätzung über die Zahl der Mitmarschierer nannte | |
die Informationsstelle nicht. Am Samstag gab es den Veranstaltern zufolge | |
jeweils etwa tausend Demonstranten in Berlin und Stuttgart und 450 | |
Protestierer in München. | |
Viele Demonstranten äußerten Zustimmung für den Literaturnobelpreisträger | |
Grass, hieß es im Ostermarschbüro. Grass hatte in einem Gedicht das | |
israelische Atomprogramm kritisiert. Der israelische Staat hatte daraufhin | |
ein Einreiseverbot gegen den Dichter verhängt. | |
„Was Grass angestoßen hat, kann nicht als antisemitisch unter den Teppich | |
gekehrt werden“, sagte Willi van Ooyen, Sprecher der Informationsstelle | |
Ostermarsch in Frankfurt am Main. „Es war ein richtiges Wort von Grass.“ | |
Das Netzwerk Friedenskooperative in Bonn nannte das Einreiseverbot eine | |
„unsouveräne Reaktion“. Damit werde verhindert, dass sich Grass | |
Streitgesprächen etwa an Universitäten im Land Israel stellen könne. | |
Am Sonntag unternahmen Motorradfahrer in Köln unter dem Motto „Give Peace a | |
Chance“ eine Friedensfahrt, um ein Verbot rechtsextremer Organisationen zu | |
fordern. Außerdem radelten 150 Radfahrer „gegen Krieg und Faschismus“ durch | |
das Ruhrgebiet. | |
In Hannover hatte das örtliche Friedensbüro zu einer Demonstration unter | |
dem Motto „Krieg, Krise und Ungerechtigkeit – Wir kämpfen für eine | |
menschenwürdige Welt“ aufgerufen. Auf der Insel Rügen ließen Aktivisten am | |
Montag blaue Luftballons mit aufgedruckten Friedenstauben steigen. Im | |
Remlingen trafen sich Demonstranten am Bergwerk Asse, um einen neuen Umgang | |
mit dem Atommüllproblem zu fordern. | |
## Protest gegen Rüstungsexporte | |
Der Ostermarsch Rhein-Ruhr verfügt über eine lange Tradition und fand in | |
diesem Jahr zum 52. Mal statt. Er hatte das Motto „Ja zur zivilen Lösung | |
der Zukunftsprobleme! Nein zu Krieg, Atomrüstung und innerer | |
Militarisierung! Nein zur Nato!“ | |
Die Friedensbewegung kritisierte in zahlreichen Städten den westlichen | |
Umgang mit der Gewalt in Nahost. Außerdem forderten die Demonstranten eine | |
friedliche Lösung im Iran und in Syrien und einen Abzug der Truppen in | |
Afghanistan. Sie protestierten auch gegen Rüstungsexporte und Atomwaffen. | |
Die Demonstrationen endeten am Montag mit Märschen unter anderem in | |
Dortmund, Hamburg und Frankfurt am Main. | |
Die deutschen Ostermärsche haben ihre Wurzeln im Protest gegen das atomare | |
Wettrüsten während des Kalten Krieges und begannen im Jahre 1960. Ihre | |
Höhepunkte lagen in den Jahren 1968 und 1983. Damals kamen hunderttausende | |
Demonstranten zu den Märschen. In den vergangenen Jahren war die | |
Beteiligung gesunken. | |
9 Apr 2012 | |
## AUTOREN | |
Aaron Wiener | |
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