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# taz.de -- Piratenpartei im Inhaltecheck: Zur Wirtschaft nur Privatmeinungen
> Zu Steuern, Finanzen, Eurokrise findet sich im Piraten-Programm wenig.
> Ein Vorstandsmitglied lehnt die Finanztransaktionsteuer ab und will einen
> Euro ohne Südländer.
Bild: Mehr Brutto vom Netto? Mehr Nuss im Cornetto? Die Piraten haben sich bish…
BERLIN taz | Über die wirtschaftspolitischen Vorstellungen der
Piratenpartei zu schreiben ist eine mühsame Sache. Mehr Brutto vom Netto?
Mehr Milliarden für Griechenland? Auf alle diese Fragen, die in Parteien
sonst breiten Raum einnehmen, ist bei den Piraten keine Antwort zu finden.
Im Grundsatzprogramm tauchen Wirtschaft und Finanzen fast überhaupt nicht
auf, und auch die Wahlprogramme enthalten allenfalls Einzelforderungen wie
eine Abschaffung der Zwangsmitgliedschaften in der Industrie- und
Handelskammer oder die Ablehnung von Subventionen zur Firmenrettung.
Wer mehr zu Steuer- und Finanzfragen erfahren will, ist also auf Aussagen
jener Piraten angewiesen, die in Vorstand, Parlament oder Arbeitsgruppen zu
diesen Themen arbeiten, aber – mangels Parteitagsbeschlüssen – stets nur
ihre private Meinung mitteilen dürfen. Und die fällt durchaus
widersprüchlich aus.
An einem Ende des Spektrums steht Matthias Schrade. Der 33-Jährige, der als
selbstständiger Finanzanalyst tätig ist und früher auch mal einen Eintritt
in die FDP erwogen hat, sitzt seit knapp einem Jahr im Bundesvorstand der
Piraten. Er hatte im Herbst gefordert, den Euro auf ein „Kern-Europa“ zu
beschränken – ohne die südeuropäischen Staaten. Dass Griechenland aus dem
Euro ausscheiden soll, findet Schrade auch heute noch. „Das ist auch in
ihrem eigenen Interesse, um das Wachstum wieder in Gang zu bringen.“
Bei anderen Staaten wie Italien, Spanien und Portugal sieht er die Lage
„derzeit etwas weniger dramatisch“, aber ein Euro-Ausstieg wäre
„möglicherweise auch für diese Länder besser“, sagte Schrade der taz. Au…
die Finanztransaktionsteuer lehnt er entschieden ab: „Sie bewirkt das
Gegenteil dessen, was sie verspricht.“ Allenfalls auf Derivate sei eine
Steuer sinnvoll.
Gänzlich andere Antworten auf die gleichen Fragen gibt Pavel Mayer, der für
die Piraten im Berliner Abgeordnetenhaus sitzt. Zur Finanztransaktionsteuer
sagt er, sie sei „hilfreich“, und Länder aus dem Euro auszuschließen lehnt
er ab. Ganz im Gegenteil setzt er darauf, „dass irgendwann alle EU-Staaten
den Euro haben“.
## Steuersystem soll transparanter werden
Ebenso vielfältig sind die Piraten-Positionen zum Steuersystem. „Das Thema
ist auf Parteitagen bisher noch nicht diskutiert worden“, sagt der
Koordinator der zuständigen Arbeitsgruppe Steuerpolitik, Jens Beissel.
„Einig ist man sich allenfalls, dass es einfacher und transparenter werden
soll.“
Von Mitgliedern der Arbeitsgruppe „Sozialpiraten“ ist ein konkretes Modell
erarbeitet worden, das einen einheitlichen Einkommensteuersatz von 45
Prozent vorsieht, aber durch ein einkommensunabhängiges Grundeinkommen plus
einkommensabhängiges Wohngeld dennoch einen progressiven Steuerverlauf
gewährleisten soll.
Die eigentlich zuständige Arbeitsgruppe Steuerpolitik hat hingegen noch
keine konkreten Modelle. Unter anderem wird dort diskutiert, ob ein
radikaler Ansatz wie der des Steuerrechtlers Paul Kirchhof, der zuletzt
einen Einheitssatz von 25 Prozent gefordert hat, für die Piraten infrage
kommt.
„Einen einheitlichen Einkommensteuersatz empfinden manche als gerechteste
Lösung“, sagt AG-Koordinator Beissel, der selbst Steuerberater ist. Er
selbst würde hingegen „aus sozialen Gründen am derzeitigen System mit
Steuerprogression festhalten“. Auch der Berliner Pavel Mayer findet
„steuerliche Umverteilung von oben nach unten grundsätzlich in Ordnung“.
Eine Klärung dieser Fragen steht auch beim kommenden Parteitag Ende April
nicht auf der Tagesordnung. In Sachen Finanzen bleiben die Piraten darum
bis auf Weiteres ein unbeschriebenes Blatt.
13 Apr 2012
## AUTOREN
Malte Kreutzfeldt
## TAGS
tazlab 2012: „Das gute Leben“
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