# taz.de -- Piratenpartei im Inhaltecheck: Der Wille zur Vielfalt | |
> In der Migrationspolitik geben sich die Piraten fortschrittlich. Doch die | |
> angestrebte gesellschaftliche Vielfalt findet sich noch nicht in der | |
> Partei. | |
Bild: Eine Seltenheit in den Parteigremien, Piratin mit Migrationshintergrund: … | |
BERLIN taz | Auf die Frage, wie Deutschland mit seinen Einwanderern umgehen | |
sollte, gibt das Parteiprogramm der Piraten fortschrittliche Antworten: Ein | |
erleichterter Ehegattennachzug, eine großzügige Bleiberechtsregelung, | |
sofortige Arbeitserlaubnis für Flüchtlinge statt jahrelanger | |
Arbeitsverbote, die Abschaffung der Drittstaatenregelungen für Asylsuchende | |
und die Gleichstellung bei den Sozialleistungen – all diese Forderungen | |
haben die Piraten im Bund von ihrem Berliner Landesverband übernommen. | |
Männlich, in der gleichen Alterskohorte – zwischen Ende zwanzig und Anfang | |
vierzig – und ohne Migrationshintergrund muss man aber offenbar sein, um es | |
in der Partei zu etwas zu bringen. Nach dem Rücktritt der bisherigen | |
Geschäftsführerin Marina Weisband, die in Kiew geboren wurde und in | |
vielerlei Hinsicht eine Ausnahmestellung genoss, ist das Bild, das der neu | |
gewählte Parteivorstand bietet, wieder eine Spur uniformer geworden. | |
Anders als bei den etablierten Parteien muss man Migranten hier noch immer | |
mit der Lupe suchen. Das Ideal der gesellschaftlichen Vielfalt, welche die | |
Piraten so gerne im Mund führen, spiegelt sich in den Parteistrukturen | |
nicht so recht wider. | |
Die „AG Ausländerpolitik“ ist auch nur eine von vielen Arbeitsgruppen der | |
Bundespartei – und sicher nicht die wichtigste. Entsprechend zugeknöpft | |
gibt sie sich: „Für die Piraten“ will dort niemand sprechen. Denn: „90 | |
Prozent der Piraten haben keine Ahnung von Migrationspolitik“, gibt der | |
Berliner Piraten-Abgeordnete Fabio Reinhardt freimütig zu. | |
Für die Studentin Miriam Seyffahrt vom Berliner „Squad Integration“, einer | |
Arbeitsgruppe der Partei, ergibt sich eine offene Haltung gegenüber | |
Migranten aber schon aus dem Weltbild der Piraten: „Unsere Grundwerte sind | |
Partizipation und Teilhabe“, sagt sie. Daraus folge zwangsläufig, auch | |
MigrantInnen Teilhaberechte zuzugestehen. | |
Die Querelen um problematische Nazi-Vergleiche, welche die Piraten vor | |
ihrem Parteitag in Neumünster in Atem hielten, hält sie deshalb keineswegs | |
für repräsentativ für die Partei. „Leider haben wir aber auch sehr viel | |
Missverständnisse und Unwissenheit – auch darüber, wann Rassismus anfängt.… | |
In Sachen Migrationspolitik gibt es vielmehr große Überschneidungen mit | |
Linken und Grünen. „Das geht nicht so weit auseinander“, sagt Miriam | |
Seyffahrt. „Aber wir müssen auf keine möglichen Koalitionspartner Rücksicht | |
nehmen.“ | |
An einigen Stellen gehen die Piraten deshalb weiter als andere: Während die | |
Grünen Flüchtlingen nur „schneller“ einen Zugang zum Arbeitsmarkt | |
verschaffen wollen, fordern die Piraten – wie die Linkspartei – ein | |
sofortiges Arbeitsrecht. Bei Flüchtlingsorganisationen stoßen sie damit auf | |
viel Wohlwollen. „Ihr klares Bekenntnis zum Flüchtlingsschutz ist wirklich | |
erfreulich“, lobt Marei Pelzer von Pro Asyl. Doch erst die Zeit werde | |
zeigen, ob es sich auch bewähre. | |
3 May 2012 | |
## AUTOREN | |
C. Jakob | |
D. Bax | |
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