# taz.de -- Deutsch-französischer Schengen-Vorstoß: Es gibt für alles Grenzen | |
> Heftige Reaktionen gegen Innenminister Friedrich: Mehrere Länder | |
> kritisieren den Vorstoß zur Wiedereinführung von Grenzkontrollen im | |
> Schengener Raum. | |
Bild: Flüchtlinge erreichen die italienische Insel Lampedusa. | |
BRÜSSEL taz | Der Vorstoß des französischen und des deutschen | |
Innenministers, die Reisefreiheit im Schengen-Raum künftig stärker zu | |
begrenzen, hat in mehreren europäischen Ländern sowie im Europäischen | |
Parlament für heftige Kritik gesorgt. Der Luxemburger Außenminister Jean | |
Asselborn ging besonders hart mit dem deutschen Innenminister Hans-Peter | |
Friedrich ins Gericht: „Der Zeitpunkt der Debatte stinkt zum Himmel“, sagte | |
Asselborn in einem Interview mit einem deutschen Nachrichtenmagazin. | |
Der deutsch-französische Brief bediene „rechtes Gedankengut“ und solle | |
Nicolas Sarkozy bei der Präsidentschaftswahl helfen, den Rechtsextremen | |
Stimmen abzujagen. Die beiden Minister hatten in der vergangenen Woche in | |
einem Brief an die dänische EU-Ratspräsidentschaft gefordert, dass | |
Schengenstaaten in Zukunft eigenmächtig und ohne Rücksprache mit ihren | |
Nachbarn Grenzen schließen dürfen, wenn über ein anderes Land zu viele | |
Flüchtlinge in den Schengenraum kommen. Flugzeuge aus Griechenland würden | |
dann am Frankfurter Flughafen nicht mehr im Schengenbereich landen dürfen. | |
Alle Passagiere müssten nach der Landung zuerst durch die Passkontrolle. | |
Für die Fraktionen im EU-Parlament ist das inakzeptabel und verstößt gegen | |
die gemeinsamen Regeln in der Europäischen Union. Die Vorsitzende der | |
Grünen, Rebecca Harms, sprach von „gefährlichen Wahlkampfmanövern“: „D… | |
engstirnige Blick auf Grenzkontrollen trägt nichts zur Bewältigung der | |
Herausforderungen in Europa bei. Wir brauchen keine Schlagbäume und keine | |
Abschottung gegenüber Griechenland, sondern gemeinsame Lösungen.“ | |
Sogar von den Konservativen, die ja zur gleichen Parteifamilie gehören wie | |
die Regierungen in Paris und Berlin, kam wenig Verständnis. Der | |
CSU-Abgeordnete Manfred Weber, der in der CDU/CSU-Gruppe für das | |
Schengen-Dossier verantwortlich ist, sagte, es müsse auch im Interesse der | |
nationalen Regierungen sein, von Grenzschließungen nicht erst aus der | |
Zeitung zu erfahren. | |
Es müsse zumindest eine Absprache auf EU-Ebene geben, bevor einzelne | |
Staaten Grenzkontrollen einführten. Auch die Gewerkschaft der Polizei, | |
Oppositionspolitiker in Berlin und EU-Energiekommissar Günther Oettinger | |
(CDU) kritisierten den deutsch-französischen Vorstoß. Die EU-Innenminister | |
wollen am Donnerstag darüber beraten. | |
22 Apr 2012 | |
## AUTOREN | |
Ruth Reichstein | |
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