| # taz.de -- Wahl in Frankreich: Werben um die rechten Wähler | |
| > Vor der zweiten Runde der Präsidentenwahl am 6. Mai sucht Amtsinhaber | |
| > Sarkozy nach einer Strategie. Sein Rivale, der Sozialist Hollande, bleibt | |
| > Favorit. | |
| Bild: Eine solche Abwehrgeste gegen rechte Politik wäre gut: Nicolas Sarkozy. | |
| PARIS taz | Klappe zu: Ein Porträt von Nicolas Sarkozy auf dunklem | |
| Hintergrund ziert die Sondernummer der Zeitschrift Marianne mit der | |
| Aufschrift „Fin“ – „Ende“ – wie im Abspann eines Films. Am Tag nach… | |
| ersten Runde der Präsidentschaftswahlen werden bereits die politischen | |
| Epiloge auf den Amtsinhaber verfasst. | |
| Sein sozialistischer Rivale François Hollande, der am Sonntag mit 28,6 | |
| Prozent die meisten Stimmen erzielte, gilt für die Stichwahl am 6. Mai als | |
| Favorit. Noch aber ist alles offen, warnte am Montag die Zeitung Le Figaro | |
| vor voreiligen Schlüssen: „Marine Le Pens Durchbruch mischt den zweiten | |
| Durchgang neu auf.“ | |
| Besonders stark beschäftigt der „Schock“ über das Ergebnis der | |
| Rechtsextremistin Marine Le Pen von der Front National (FN) die | |
| Kommentatoren: Sie lag mit 18 Prozent der Stimmen an dritter Stelle – und | |
| hat damit für eine echte Überraschung gesorgt. Ihr Vorstoß wird bereits als | |
| größter Misserfolg von Nicolas Sarkozy bezeichnet. | |
| Wie werden sich diese Wähler bei der Stichwahl auf Sarkozy und Hollande | |
| verteilen? Etwa die Hälfte dürfte sich durchringen, für Sarkozy zu stimmen, | |
| ein knappes Viertel für Hollande, und der Rest überhaupt nicht, glauben | |
| Kenner der rechten Szene in Frankreich zu wissen. Louis Aliot, Nummer zwei | |
| der FN und Lebensgefährte von Parteichefin Marine Le Pen, hat bereits | |
| gesagt, er werde am 6. Mai einen leeren Stimmzettel einwerfen. | |
| ## Notfalls Grenzkontrollen wieder einführen | |
| Es ist darum höchst wahrscheinlich, dass Frau Le Pen ihren WählerInnen | |
| keine Empfehlung für die zweite Runde geben wird. Sie hat klar gemacht, | |
| dass es für sie nichts zu verhandeln gebe. Sarkozy dürfte jetzt mit einer | |
| betont rechtslastigen Kampagne die FN-Wähler umwerben – obwohl diese Taktik | |
| in der bisherigen Kampagne nicht funktionierte, sondern gerade zum | |
| Erstarken der extremen Rechten beitrug. | |
| So hat er bereits angekündigt, er wolle die Zahl der Visa für neue | |
| Zuwanderer halbieren und die Doppelbürgerschaft infrage stellen sowie | |
| notfalls die Grenzkontrollen wieder einführen. Im Anschluss an die | |
| islamistischen Attentate von Toulouse hatte Sarkozy schon verschärfte | |
| Gesetze gegen potenzielle Internet-Sympathisanten des Dschihads angekündigt | |
| und damit auf antimuslimische Ressentiments der extremen Rechten gezielt. | |
| Der Sozialist François Hollande gönnte sich nach dem für ihn ermutigenden | |
| Wahlsonntag keine Pause. Er setzte seine Tour de France mit Besuchen in | |
| mehreren Städten der Bretagne fort. Hollande will die Linkswähler weiter | |
| mobilisieren – mit Vorschlägen wie der Schaffung von 60.000 Stellen im | |
| Bildungsbereich und der Forderung von Verhandlungen über den EU-Fiskalpakt. | |
| Er möchte jetzt alle hinter sich sammeln, die von Sarkozy und seinem | |
| selbstherrlichen Herrschaftsstil genug haben. | |
| ## „Votum der Wut“ | |
| Von einem „Votum der Wut“ gegen die Staatsführung sprach der Vorsitzende | |
| der sozialistischen Abgeordneten, Jean-Marc Ayrault. Und die Sozialistin | |
| Ségolène Royal, die bei den Präsidentschaftswahlen 2007 gegen Sarkozy | |
| unterlegen war, rechnete mit ihm triumphierend ab: „75 Prozent der Wähler | |
| haben sich gegen Sarkozy ausgesprochen.“ | |
| Seit Bekanntgabe der Resultate des ersten Durchgangs wird gerechnet: Rein | |
| arithmetisch sieht die Ausgangslage für Hollande weit leichter aus. | |
| Jean-Luc Mélenchon von der Linksfront, Eva Joly von den Grünen sowie die | |
| „Antikapitalist“ Philippe Poutous haben ihm schon öffentlich ihre | |
| Unterstützung zugesichert oder zumindest ihre Basis aufgerufen, Sarkozy zu | |
| schlagen. Das macht theoretisch plus 11,1 plus 2,3 plus 1,2 Prozent für | |
| Hollande. | |
| Die 9,1 Prozent des Zentrumsdemokraten François Bayrou sollen sich | |
| angeblich zu gleichen Teilen auf die beiden Finalisten verteilen. Neue | |
| Umfragen sagen Hollande weiterhin einen Sieg mit 53 bis 55 Prozent voraus. | |
| Eins ist klar: Diese Stichwahl gehorcht weit komplizierten Gesetzen als | |
| einer reinen Addition von Wahlanteilen aus der ersten Runde. | |
| 23 Apr 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Rudolf Balmer | |
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