| # taz.de -- Neue Vorwürfe gegen Sarkozy: Wahlkampfhilfe von Gaddafi | |
| > Kurz vor der französischen Stichwahl wurden Dokumente veröffentlicht, die | |
| > Sarkozy schwer belasten. Libyen soll gewillt gewesen sein, ihn im | |
| > Wahlkampf 2007 mit Millionen zu unterstüzen. | |
| Bild: Der Präsident streitet alles ab und will von nichts gewusst haben. | |
| PARIS afp | Eine Woche vor der Stichwahl um die französische | |
| Präsidentschaft könnte der in allen Umfragen zurückliegende Amtsinhaber | |
| Nicolas Sarkozy weiter in Bedrängnis kommen: Das | |
| Internet-Enthüllungsmagazin Mediapart veröffentlichte am Samstag ein | |
| Dokument, wonach Libyen bereit war, Sarkozys Wahlkampf im Jahr 2007 mit 50 | |
| Millionen Euro zu unterstützen. Die Sozialisten forderten den konservativen | |
| Staatschef auf, sich zu erklären. | |
| In dem vom früheren libyschen Auslandsgeheimdienstchef Mussa Kussa | |
| unterzeichneten Schriftstück von 2006 ist von einer „Grundsatzvereinbarung“ | |
| die Rede, die „Wahlkampagne des Präsidentschaftkandidaten Nicolas Sarkozy | |
| mit einem Betrag in Höhe von fünfzig Millionen Euro“ zu unterstützen. Ob | |
| das Geld tatsächlich geflossen ist, blieb offen. In dem Dokument heißt es, | |
| die Vereinbarung sei im Anschluss an ein Treffen im Oktober 2006 | |
| geschlossen worden, an dem unter anderem der damalige libysche | |
| Militärgeheimdienstchef Abdallah al-Senussi und der frühere französische | |
| Innenminister Brice Hortefeux teilgenommen hätten. Hortefeux sagte | |
| gegenüber Mediapart, er habe Kussa niemals getroffen. | |
| Mediapart erklärte, das Dokument in arabischer Sprache sei dem Magazin in | |
| den vergangenen Tagen von früheren führenden Vertretern Libyens zugespielt | |
| worden, die heute versteckt lebten. Kussa, der Libyens Ex-Machthaber | |
| Muammar al-Gaddafi auch als Außenminister gedient hatte, hatte sich vor | |
| dessen Tod ins Ausland abgesetzt. | |
| Sarkozys Wahlkampfsprecherin Nathalie Kosciusko-Morizet sprach von einem | |
| „groben Ablenkungsmanöver“ des Lagers um den Präsidentschaftskandidaten | |
| François Hollande von der Sozialistischen Partei (PS). Die Annahme, die | |
| Regierung Gaddafis habe 50 Millionen Euro für einen Wahlkampf mit einer | |
| offiziellen Obergrenze von 22 Millionen Euro beisteuern können, sei | |
| „lächerlich“. Überdies sei von amtlicher Seite bestätigt worden, dass 20… | |
| alles mit rechten Dingen zugegangen sei. | |
| ## Sarkozy soll die Franzosen belogen haben | |
| Der PS-Sprecher Bernard Cazeneuve sagte, sollte der Mediapart-Bericht durch | |
| weitere Dokumente und laufende Ermittlungen bestätigt werden, stehe fest, | |
| dass Sarkozy „die Franzosen belogen habe“, um eine „gravierende | |
| Staatsaffäre“ zu verschleiern. Sarkozy müsse sich den Franzosen erklären. | |
| Nachdem Mediapart bereits im März von entsprechenden Vorwürfen berichtet | |
| hatte, hatte Sarkozy heftig widersprochen. Damals bezeichnete er es als | |
| „grotesk“, dass sein Wahlkampf durch Gaddafi finanziert worden sei. „Wenn | |
| er das finanziert hätte, dann wäre ich nicht sehr dankbar gewesen“, sagte | |
| Sarkozy dem Fernsehsender TF1 in Anspielung auf den französischen | |
| Militäreinsatz gegen Gaddafi im vergangenen Jahr. Gaddafis Sohn Seif | |
| al-Islam hatte bereits im März 2011 behauptet, dass Libyen den Wahlkampf | |
| von Sarkozy im Jahr 2007 finanziell unterstützt habe. | |
| Sarkozy nannte die jüngste Enthüllung des linksgerichteten Magazins | |
| Mediapart einen „Versuch“, von der letzten Wortmeldung des einstigen | |
| Hoffnungsträgers der französischen Sozialisten, Dominique Strauss-Kahn, | |
| abzulenken. Sarkozy sagte dem Parisien (Sonntagsausgabe), Strauss-Kahn | |
| „sollte den Anstand haben zu schweigen“. Die These, Sarkozy könne hinter | |
| dem Skandal um die vorgeworfene versuchte Vergewaltigung eines | |
| Zimmermädchens in einem New Yorker Hotel durch DSK stecken, sei „vulgär“. | |
| Strauss-Kahn hatte seine politischen Gegner mitverantwortlich für seinen | |
| Sturz gemacht. Er hätte nicht gedacht, dass diese „so weit gehen würden“, | |
| sagte der ehemalige Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF) in einem | |
| von der britischen Zeitung The Guardian am Freitag veröffentlichten | |
| Interview mit dem US-Journalisten Edward Epstein. | |
| Die Stichwahl zwischen Sarkozy und seinem Herausforderer Hollande findet am | |
| Sonntag kommender Woche statt. Alle Umfragen sagen einen Sieg Hollandes | |
| voraus. Die beiden Kandidaten halten an diesem Sonntag nochmals große | |
| Wahlkampfveranstaltungen ab, Sarkozy redet in Toulouse, Hollande in Paris. | |
| 29 Apr 2012 | |
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| Schwerpunkt Frankreich | |
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