# taz.de -- Wahlkampf in Frankreich: Hoffen auf rechte Wahlverwandtschaften | |
> Die Präsidentschaftskandidaten wollen mit allen Mitteln Wähler der Front | |
> National auf ihre Seite ziehen. Am schwersten hat es dabei Sarkozy. | |
Bild: Marine Le Pen ist raus. Aber ob das Sarkozy nützt, ist noch nicht ausgem… | |
PARIS taz | Die Stimmenzahl für Marine Le Pen von knapp 18 Prozent im | |
ersten Durchgang der Präsidentschaftswahlen stellt sich für Staatschef | |
Nicolas Sarkozy als doppeltes Problem heraus. Um eine Chance auf eine | |
Wiederwahl zu haben, muss er um jeden Preis viele Sympathisanten der | |
extremen Rechten für sich gewinnen. Auch zeichnet sich für Sarkozy und | |
seine UMP ein Debakel bei den Parlamentswahlen im Juni ab: Falls der Front | |
National (FN) gleich gut wie am letzten Sonntag abschneidet, könnten seine | |
Kandidaten in vielen Wahlkreisen in die Stichwahlen gelangen. 2002 war das | |
dem FN nur in 37 Wahlkreisen gelungen, 2007 nur in einem einzigen! | |
Das bedeutet, dass der FN trotz des für ihn äußerst nachteiligen | |
Mehrheitswahlsystems (ein Abgeordnetensitz pro Wahlkreis) reelle Chancen | |
auf Sitzgewinne in der Nationalversammlung hat. Sarkozys Partei muss also | |
mit enormen Verlusten rechnen. Dies erklärt, warum Marine Le Pen keinen | |
Anlass hat, Sarkozy jetzt in irgendeiner Weise zu unterstützen. Ihr Vater, | |
Jean-Marie Le Pen, spekuliert schon auf eine „Implosion der UMP“. Er | |
triumphiert ohnehin, weil der FN heute im Zentrum der Debatte steht und von | |
allen Seiten umworben wird. | |
Von den UMP-Wählern wünschen 64 Prozent laut Umfrage eine Einigung oder | |
Absprache mit dem FN. Das war bisher für die Regierungspartei ein Tabu. | |
Sarkozy dementiert, dass er es brechen wolle. Aber er wolle diese Partei | |
„nicht diabolisieren“, weil die Stimme für den FN ein „Votum der Wut und | |
des Leidens“ sei. „Ich wende mich an diese Kleinen, Niedrigen und | |
Bäuerlichen, die nicht aussterben wollen“, sagte er in seinem ersten | |
Auftritt nach der Wahl. Auch „verachte“ er sie nicht wie angeblich die | |
„Kaviarlinke“, die so gern „Lehren in Moral“ verteile. | |
Die für fremdenfeindliche Argumente hellhörigen Franzosen warnt er, von | |
Hollande hätten sie nichts zu erwarten, weil er den Ausländern das Stimm- | |
und Wahlrecht auf kommunaler Ebene geben wolle. Sarkozy pocht auf rechte | |
Wahlverwandtschaften gegen die Linke. Der Geschäftsmann Bernard Tapie, ein | |
Unterstützer Sarkozys, hatte 1992 als Stadtminister von François Mitterrand | |
gesagt: „Da Le Pen ein Schweinskerl ist, sind auch seine Wähler | |
Schweinskerle.“ Wenn man sie entschuldige, schnitten sie immer besser ab. | |
Die französischen Sozialisten werben ebenfalls um FN-Wähler, die sie als | |
Unzufriedene mit der Situation Frankreichs betrachten. Fünf weitere Jahre | |
mit Sarkozy, das wären fünf noch schlimmere Jahre, macht Hollande in einem | |
Brief an die Nation geltend. Er hofft, mit diesem Antisarkozysmus ein paar | |
Stimmen von ganz rechts zu gewinnen. Ihm würde es aber schon reichen, wenn | |
das Le-Pen-Lager am 6. Mai neutral bliebe und gar keine zweite Wahl träfe. | |
25 Apr 2012 | |
## AUTOREN | |
Rudolf Balmer | |
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