# taz.de -- Finanzierung der Recherche: Geht der Journalismus stiften? | |
> Für aufwändige Reportagen wird das Geld knapper. Stiftungen könnten | |
> helfen. Gerade im Lokaljournalismus müssen Qualität und das „Dranbleiben�… | |
> gewahrt werden. | |
Bild: Der Geld für Recherche und Dokumentation fehlt gerade den kleinen Tagesz… | |
Die Wehklage ist nicht neu: Durch Auflagenrückgang, Anzeigenschwund und | |
fehlende Bezahlmodelle im Internet brechen den klassischen Medienhäusern | |
Einnahmen weg, die bislang Journalismus finanziert haben. In den USA haben | |
von Stiftungen getragene unabhängige Rechercheplattformen wie Pro Publica | |
bei den renommierten Pulitzer-Preisen gepunktet. | |
Taugen solche Vorbilder auch für Deutschland? Im Prinzip ja, hieß es am 23. | |
April beim Colloquium „Stiftung Journalismus – Neue Modelle und | |
Finanzierungen für Recherche und Dokumentation“, zu dem das Institut für | |
Medien- und Kommunikationspolitik (IfM) nach Berlin geladen hatte. Die | |
bisherige Bilanz fällt allerdings ernüchternd aus: Von den rund 19.000 | |
Stiftungen in Deutschland sind nach Angaben des IfM keine 80 mit | |
Journalismusförderung im engeren Sinne beschäftigt. | |
Doch zunächst einmal stellt sich die Frage, wie kriselnd die Krise wirklich | |
ist. Für den Medienwissenschaftler Ottfried Jarren ist die Sicht, dass der | |
Journalismus per se auf dem absteigenden Ast sitzt, jedenfalls längst nicht | |
bewiesen: „Viele Medien behaupten die Krise pro Domo“, sagt also Jarren, | |
der schon seit einigen Jahren in Zürich lehrt. Aus seiner Sicht hat man es | |
eher mit einem „Gesundschrumpfungsprozess“ zu tun, „das ist nicht schön, | |
aber es gibt ihn, und das muss jetzt verarbeitet werden.“ | |
Auch die Medienpolitikerin Tabea Rößner (B90/Grüne) verlangt erst mal eine | |
solidere Zahlenbasis als bisher vorliegt, um „die Lage überhaupt vernünftig | |
einschätzen zu können“. Sie sieht anders als Jarren aber vor allem beim | |
Regional- und Lokaljournalismus schon jetzt Handlungsbedarf. Dort nehme in | |
einigen Bereichen das Angebot deutlich ab. Jegliche Förderung müsse dabei | |
transparent und staatsfern gestaltet werden. Stiftungen könnten hierbei | |
eine Möglichkeit sein. | |
## Etablierte Medien „verdammt stark“ | |
Auch Spiegel-Online-Chefredakteur Matthias Müller von Blumencron hat nichts | |
gegen Stiftungen für Journalismus und Recherche, warnte dabei vor zu viel | |
Schwarzmalerei: „Die etablierten Medien sind doch immer noch verdammt | |
stark, deutsche Verlage verdienen zum Teil weiter sehr gut, auch im | |
Regionalen.“ | |
Das IfM hat nun eine „Stiftung Journalismus“ angeregt, die unabhängig von | |
bestehenden Medienangeboten Recherchen finanzieren soll. Vorbild, so | |
IfM-Vordenker Lutz Hachmeister, könnte dabei das lang etablierte Prinzip | |
der Filmförderung in Deutschland sein. | |
Hierbei werden Fördergelder vom Staat, aber auch aus der | |
öffentlich-rechtlichen Rundfunkgebühr nach konkreten Kriterien von | |
unabhängigen Fachgremien an die Antragsteller vergeben. „Wichtig ist, in | |
konkrete Projekt zu investieren und nicht einzelne Redaktionen oder | |
Zeitungen zu fördern“, so Hachmeister. | |
Für die taz stellte Konny Gellenbeck die 2008 gegründete | |
taz-Pantherstiftung vor, die sich vor allem der journalistischen | |
Nachwuchsförderung verschrieben hat. | |
## Markt für Qualtätsjournalismus wird kleiner | |
Jarren warnte allerdings vor zu großen Illusionen: „Der Markt für | |
Qualitätsjournalismus wird kleiner. Er wird nicht verschwinden, aber die | |
zur Verfügung stehenden Ressourcen nehmen ab“. Gegen punktuelle Förderung | |
von Recherche sei natürlich nichts einzuwenden, doch löse sie nicht das | |
Grunddilemma – und das liege im Lokalen. | |
„Was die Demokratie und das Gemeinwesen grundsätzlich stützt, ist doch | |
nicht die punktuelle Recherche“, meinte auch Müller von Blumencron: „Da | |
geht es vielmehr um das kontinuierliche redaktionelle Dranbleiben.“. Er | |
sehe zudem bei manchen Verlagen auch „nachlassende Leidenschaft“ für gute | |
Journalismus. „Da hilft dann auch keine Förderung durch Stiftungen oder | |
andere“. | |
25 Apr 2012 | |
## AUTOREN | |
Steffen Grimberg | |
## TAGS | |
Streik | |
Online-Journalismus | |
Best of Martin | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Arbeitskampf im Lokaljournalismus: Schreibverbot für Streikende | |
Zwei Journalisten in Oberfranken beteiligten sich an Streiks. Nun dürfen | |
sie für das „Obermain-Tagblatt“ keine politischen Themen mehr behandeln. | |
Studie zur Zahlungsbereitschaft: Mehr Geld für Onliner | |
Immer mehr Menschen sind bereit, Geld für journalistische Angebote im Netz | |
zu zahlen. Viele Medienhäuser nutzen diese Chance noch nicht. | |
ARD, ZDF und App: Alles auf Anfang | |
Außer Spesen nichts gewesen: Verleger und Öffentlich-Rechtliche einigen | |
sich im App-Streit – nicht. Es bleibt unklar, wieviel | |
öffentlich-rechtlichen Text es online geben darf. | |
Streit der Woche: Muss man Springer boykottieren? | |
Axel Cäsar Springer, der Gründer des Springer-Verlags, würde Anfang Mai | |
100, die „Bild“ begeht ihr 60-jähriges Jubiläum. Doch nicht alle sind in | |
Feierlaune. | |
Kritik am „Weser Kurier“: Das Jubelblatt | |
Sie sei unkommunikativ, ihre Arbeit sei intransparent, kritisieren | |
Mitarbeiter des „Weser Kuriers“ ihre neue Chefredakteurin. Und der | |
Presserat rügt wegen „Schleichwerbung“. | |
Wie Journalisten ihr Handwerk lernen: „Kaninchen werden blind geboren“ | |
Fast jeder junge Reporter muss als Erstes einen Bericht über den nächst | |
gelegenen Kaninchenzüchterverein verfassen. Was sagt uns das über den | |
Journalismus? |