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# taz.de -- Politiker und Filmschaffende diskutieren: Freibier statt Freiheit
> Wieder etwas dazugelernt: Politiker und Filmschaffende debattierten in
> Berlin zum Thema Urheberrecht. Simon Verhoeven lud zur Diskussion ein.
Bild: Am Welttag des nebulösen „geistigen Eigentums“ wurde über Eigentum …
Früher habe er aus dem Radio Songs aufgenommen und damit Mixtapes für
Freunde zusammengestellt, erzählte Simon Verhoeven, Filmemacher und
Schauspieler, am Donnerstag bei einer Podiumsdiskussion der Deutschen
Filmakademie, die zum Welttag des geistigen Eigentums ins Berliner Hotel
Concorde geladen hatte.
Was durch die Vervielfältigung seiner Filme im Internet passiert, habe eine
andere Dimension, fuhr er fort: Der von ihm komponierte Song „Sag mir
warum“ aus seinem Spielfilm „Männerherzen“ sei zu seinem Schaden auf
YouTube zu einem Klickmonster geworden. Da reagierte Bruno Kramm schnell
(Piraten): Einen Film im Internet zu klauen, das schade niemanden. Schon
wurde es unruhig im Konferenzsaal.
Dass Filmschaffende und Politiker überhaupt miteinander über Urheberrechte
diskutieren, schien angesichts der Windstärke Shitstorm, die die Debatte
zuletzt erreicht hatte, nicht mehr möglich. Neben Verhoeven und Kramm saßen
der Drehbuchautor Fred Breinersdorfer (Mitunterzeichner des
Tatort-Autoren-Brandbriefs), der Filmproduzent Martin Moszkowicz und die
Politiker Malte Spitz (Grüne), Siegmund Ehrmann (SPD) und Siegfried Kauder
(CDU).
Linke und Liberale fehlten auf dem Podium: Trotz Einladung sah
Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) keinen
Gesprächsbedarf. Siegfried Kauder griff das in seinem Eingangsstatement
kritisch auf und warf dem Koalitionspartner in Sachen Urheberrechtsreform
Tatenlosigkeit vor.
Für Kauder unterscheidet sich ein Song oder ein Film nicht von einem
Fahrrad. Eine Position, die Siegmund Ehrmann teilt. Es könne nicht angehen,
sagte der SPD-Politiker, dass aufgrund neuer Technologien gewachsene
Rechtstraditionen keine Rolle mehr spielen. Provider sollten stärker in die
Verantwortung genommen werden. Doch ein Vertreter der Computerindustrie
fehlte auf der Veranstaltung.
## Die Contentmafia
Das war eine Steilvorlage für Fred Breinersdorfer: Werden von dieser
Industrie die Urheberrechte weiter ausgehöhlt, plane er
Verfassungsbeschwerde einzureichen, sagte der Drehbuchschreiber. Denn
Deutschland sei auch in Zeiten des Internet keine Insel mehr. Nicht
downloadende Kinder seien bedrohlich, sondern, wie im Falle der
Internetseite Kino.To „organisierte Kriminalität“, die mithilfe von
Werbetreibenden zweistellige Millionenbeträge erwirtschafte.
Das sei die wahre Contentmafia, pflichtete ihm Verhoeven bei. Und stellte
klar, er mache keine Kunst, er stellt Produkte her. Es habe nichts mit
Zensur zu tun, diese zu schützen. Piraten missbrauchten Freiheit als
Freibier.
Bruno Kramm war da schon in der Defensive. Er hätte gar nichts gegen
Urheberrechte einzuwenden, sagt er. Niemand in seiner Partei fördere eine
Gratiskultur, die Piraten wollten „gerechten Austausch“ und suchten nach
anderen Wegen, Urheber zu honorieren. Es blieb bei vagen Aussagen. Schnell
kam er auf die Abmahnlawine zu sprechen, die unter Usern eine Kultur der
Angst erzeugen würde. Hierbei bekam er Unterstützung vom Grünen Malte
Spitz: Der sagte, ein gerechter Umgang mit Usern sei noch nicht gefunden.
Konkret wurde am Ende Siegfried Kauder: Er werde versuchen, den Werbeformen
auf Filesharing-Seiten im Internet aktiv nachzugehen. Er habe wieder etwas
dazugelernt. Wann hat man so einen Satz zuletzt von einem Politiker gehört?
27 Apr 2012
## AUTOREN
Julian Weber
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