# taz.de -- Schwedischer Pirat Rick Falkvinge: „Der eigene Erfolg kann auch G… | |
> Der Begründer der Piratenbewegung, Rick Falkvinge, über die Macht | |
> deutscher Piraten, Koalitionen als Spieltheorie und was die Piraten noch | |
> lernen müssen. | |
Bild: „Nun müssen wir lernen, wie wir auch wiedergewählt werden“, sagt Ri… | |
taz: Herr Falkvinge, Sie gelten als der Mitbegründer der weltweiten | |
Piratenbewegung, die in Schweden ihren Anfang nahm. Wo in Europa sind die | |
Piraten derzeit am mächtigsten? | |
Rick Falkvinge: Zweifellos in Deutschland. Was hier passiert, hätte noch | |
vor Monaten niemand erwartet. Als ich 2006 die Idee für eine Piratenpartei | |
hatte, habe ich gesagt: Erst erobern wir Schweden, dann Europa, dann die | |
Welt. Aber dass es gleich so schnell geht?! | |
Bei allem Erfolg – in Deutschland sitzen die Piraten in gerade mal zwei | |
Landesparlamenten. | |
Es gibt aber keinen Zweifel daran, dass sie die Gewinner der kommenden | |
Wahlen sein werden. Wenn mit der nächsten Bundestagswahl das Machtgefüge in | |
Deutschland verschoben werden kann, dann heißt das, dass durch die Piraten | |
in ganz Europa eine neue Machtbalance entstehen kann. | |
In Ihrer Heimat Schweden sinken die Mitgliederzahlen. Bei der letzten Wahl | |
holten Sie nichtmal ein Prozent. | |
Natürlich sind die Ausgangssituationen in den verschiedenen Ländern | |
unterschiedlich. Piraten in Serbien empfinden auch Vorstellungen | |
westeuropäischer Piraten zum Urheberrecht häufig noch als rückschrittlich. | |
Weil Kulturgüter während der Balkankriege Luxusgüter waren, wurden Filme | |
und Musik dort aus reiner Selbsthilfe schon lange massenhaft kopiert. Aber | |
es gibt sehr starke, verbindende Themen. Bürgerrechte, Zensur und | |
Meinungsfreiheit – das sind globale Themen, die viele Leute in vielen | |
Ländern heute bewegen. | |
Und was lässt sich von der Situation in Deutschland lernen? | |
Ich habe nach dem Wahlerfolg zum Berliner Abgeordnetenhaus begriffen, dass | |
die Piraten sich Vollprogramme zulegen müssen, um von breiten | |
Wählerschichten ernst genommen zu werden. Das ist allein schon wichtig, um | |
der psychologischen Blockade vieler Wähler zu begegnen, die noch immer | |
meinen, die Piraten seien eine Protestpartei. Und es gibt viele andere | |
Ideen, die wir kopieren können – denken Sie nur an die brillianten | |
Wahlkampfplakate aus Berlin. | |
In Deutschland träumen manche Piraten schon von Regierungsverantwortung – | |
ist das nicht größenwahnsinnig? | |
Natürlich muss man auf dem Teppich bleiben. Andererseits: Eine Koalition zu | |
bilden, ist reine Spieltheorie. Und Spieltheorie ist nun wirklich etwas, | |
womit Piraten vertraut sind – das können wir im Traum. | |
Das klingt ziemlich rosarot. | |
Natürlich kann der eigene Erfolg auch Gift sein. Wir haben jetzt gelernt, | |
wie wir gewählt werden können. Nun müssen wir lernen, wie wir auch | |
wiedergewählt werden. Aber Sie müssen sich auch daran erinnern, dass | |
niemand vor sechs Jahren vermutet hätte, was heute mit den Piraten | |
entstanden ist. Ich sehe mittelfristig ein Wählerpotenzial von rund 20 | |
Prozent. Bereits für die kommende Generation können die Piraten eine | |
Volkspartei sein. | |
Martin Kaul berichtet für die taz über die Piraten und twittert unter | |
[1][@martinkaul]. | |
29 Apr 2012 | |
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Martin Kaul | |
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