# taz.de -- Kommentar Piratenparteitag: Zeit für ein Klischee 2.0 | |
> Auf dem Bundesparteitag ließen die Piraten nicht viel von den Vorurteilen | |
> übrig, die man gegen sie haben kann. Im Gegenteil: Sie zeigen sich | |
> professionell und pragmatisch. | |
Bild: Es ist Zeit, Abschied von billigen Klischees zu nehmen. | |
Präzise eingehaltene Redezeiten, routinierte Amtsbesetzungen, dezent | |
dosiert Ironie und dann auch noch ein klares Statement gegen Rechts - es | |
ist ja schon fast eine Nachricht für sich, dass der Piratenparteitag am | |
Wochenende ohne Skandale, trolliges Gehabe und die viel gescholtenen Nerds, | |
die inzwischen ganz Deutschland zu kennen meint, über die Bühne gegangen | |
ist. In Neumünster ist die versammelte Journaille an ihrer Projektion | |
gescheitert. Es ist Zeit, endlich Abschied von billigen Klischees zu | |
nehmen. | |
Was wurde in den letzten Wochen nicht alles an Ihnen zerrissen. Wie | |
Vasallen der etablierten Parteien widmeten viele Journalisten jedem noch so | |
kleinen Anekdötchen ganze Abhandlungen über die Abgründe der aufstrebenden | |
Partei. Und wegen einzelner Spinner, gegen die stets rasch und deutlich | |
Position bezogen wurde, konnten die Piraten fast als neue | |
rechtspopulistische Gefahr erscheinen. | |
Nichts davon blieb beim Bundesparteitag übrig, im Gegenteil: Der | |
Pragamatismus der Piraten muss einem fast Sorge bereiten. Denn obwohl die | |
selbsternannten Modernisierer der Nation antreten, um alles anders zu | |
machen, gaben sich die Piraten am Wochenende annähernd so professionell und | |
pragmatisch wie ihre politische Konkurrenz. | |
Natürlich: Manch schwarze Augenklappe und mancher Störtebecker-Hut | |
kultiviert den rebellischen Pathos, von dem die Partei lebt - aber damit | |
vermittelt sich in erster Linie ein nur mittelmäßig aufwieglerisches | |
Lebensgefühl, das noch nichts über den Chaosgrad der Nachwuchspartei | |
aussagt. Für alle, die auch weiterhin ignorieren wollen, mit welchen | |
Inhalten die Partei als politische Konkurrenz antritt, gilt deshalb: Es | |
wird Zeit für ein Klischee 2.0. | |
29 Apr 2012 | |
## AUTOREN | |
Martin Kaul | |
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