# taz.de -- Piraten und die Presse: Die Freiheit der Rechten | |
> Auf dem Parteitag der Piraten wird ein Journalist der rechten Zeitung | |
> „Junge Freiheit“ geschnitten. Weil sich die Sprecherin bei ihm dafür | |
> entschuldigt, kriegt sie nun Ärger. | |
Bild: Links und Rechts gilt es zu unterscheiden. | |
BERLIN taz | Anita Möllering hat es nicht leicht: Die Frau ist neue | |
Pressesprecherin der Piratenpartei. Erst seit wenigen Wochen ist sie eine | |
der ersten AnsprechpartnerInnen für Journalisten, die über die Partei | |
berichten wollen. Neulich rief ein Journalist der rechten Wochenzeitung | |
Junge Freiheit an. Und weil der sich nun mies behandelt fühlt und das | |
Hohelied der Pressefreiheit singt, hat Anita Möllering ihre erste Debatte | |
am Hals: Gilt die Pressefreiheit auch für bundesweit bekannte | |
Rechtsausleger? Und wie halten es die Piraten mit dieser Frage? | |
Am Montag hatte die Junge Freiheit auf ihrer Homepage „entschieden gegen | |
die Behandlung ihres Reporters auf dem Parteitag der Piraten am Wochenende | |
in Neumünster“ protestiert – denn Möllering hatte dem Mann nach ihrer | |
eigenen Aussage „die Gastfreundschaft verwehrt“ – es sollte ein klares | |
Zeichen gegen Rechts sein. | |
Denn die Junge Freiheit ist ein Sprachrohr der Neuen Rechten. Zwar | |
beschreibt die Zeitung sich selbst als konservativ, tatsächlich kann sie | |
aber als Brückenmedium in die rechtsextreme Szene gelten. Immer wieder | |
bekamen PolitikerInnen in der Vergangenheit Probleme, weil sie naiv oder im | |
guten Wissen um die Richtung des Blattes freimütig Interviews gaben. | |
Funktionäre wie der superkonservative Bundesvorsitzende der Deutschen | |
Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, haben dagegen keine Probleme damit, der | |
Zeitung auch als Gastautoren zur Verfügung zu stehen. | |
Vor dem Hintergrund der Rechtsextremismusdebatte in der Partei wollte Anita | |
Möllering also ein Zeichen setzen. Besondere Entgegenkommen wie einen | |
Arbeitsplatz im Pressebereich, der Zugang zu Getränken für Pressevertreter | |
und eine Vermittlung von Interviews sollten dem Vertreter des Blattes auf | |
dem Parteitag verwehrt bleiben – ganz ausschließen wollte Möllering ihn | |
jedoch nicht. „Dass jeder Journalist das Recht hat, Pressematerial | |
einzusehen und an Pressekonferenzen teilzunehmen, gehört zur Presse- und | |
Meinungsfreiheit in Deutschland“, sagte sie am Dienstag zu taz.de. Für | |
diesen Standpunkt bekommt sie jetzt gleich von zwei Seiten Ärger. | |
## Keine vollständige Akkreditierung | |
Denn weil Möllering dem Mann die vollständige Akkreditierung verweigert | |
hatte, erhielt dieser letztlich doch keinen Zugang zu spontanen | |
Pressekonferenzen. Und nachdem er sich ihr gegenüber darüber kräftig | |
echauffierte, entschuldigte sich die Pressesprecherin dem Journalisten | |
gegenüber schließlich am Telefon. Ihm sei zugesagt worden, dass er an | |
allgemein zugänglichen Pressekonferenzen teilnehmen könne, das habe aber | |
nicht immer geklappt, sagte Möllering, die bei Twitter privat unter dem | |
Namen [1][@anuschka78] kommuniziert, auch zu taz.de. | |
Das empört nun einige in der Piratenpartei. [2][„Kein Sorry für Nazis!“] | |
hieß es am Dienstagnachmittag auf dem Twitter-Account der „Piraten gegen | |
Rechts“. Und weiter stand da: „Wir nehmen dieses Verhalten von @anuschka78 | |
so nicht hin!“. | |
Die kontert über ihren Twitter-Account: [3][„Wir sind die mit der | |
Pressefreiheit und dem freien Zugang zu Information“] – und sagt, dass es | |
richtig war, sich zu entschuldigen. „Wenn viele es als Problem ansehen, | |
Journalisten der Jungen Freiheit Informationen zu geben, dann ist es nicht | |
meine Rolle, das zu entscheiden“, sagte Möllering zu taz.de. „Dann muss es | |
darüber eine Debatte in der Partei geben.“ | |
Kleine Frage, großes Problem – die Debatte darüber, wie mit den | |
Rechtsauslegern der Jungen Freiheit bei den Piraten umzugehen ist, bekam | |
sie schneller als sie dachte. Nicht einfach, das. | |
Der Autor Martin Kaul berichtet für die taz über die Piraten und twittert | |
unter [4][@martinkaul]. | |
1 May 2012 | |
## LINKS | |
[1] https://twitter.com/#!/anuschka78 | |
[2] https://twitter.com/#!/piratenggrechts/status/197281900677709825 | |
[3] https://twitter.com/#!/anuschka78/status/197236976812961792 | |
[4] https://twitter.com/#!/martinkaul | |
## AUTOREN | |
Martin Kaul | |
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