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# taz.de -- Baden-Württembergs Nils Schmid: Superminister, aber immer Nr. 2
> Die Facebook-Pöbeleien seines Mitarbeiters machen
> SPD-Vizeministerpräsident Nils Schmid das Leben schwer. Neben dem Grünen
> Kretschmann wirkt er blass.
Bild: Nils Schmidt (links) neben dem grünen Ministerpräsidenten Winfried Kret…
STUTTGART taz | Das hatte sich Nils Schmid anders vorgestellt. Die
Tatsache, dass er als Sozialdemokrat in Baden-Württemberg nur Juniorpartner
in einer Koalition mit den Grünen sein kann, musste er vor einem Jahr so
hinnehmen. Doch als Superminister für Finanzen und Wirtschaft, als
SPD-Landeschef und Vize-Ministerpräsident wollte er dem grünen
Regierungschef Winfried Kretschmann gleichwertig begegnen.
Seit einem Jahr jedoch steht Schmid im großen Schatten des unangefochtenen
Grünen. Versuche, aus dem Schatten zu treten und sich zu profilieren, sind
bislang gescheitert. Mehr noch: Nach einigen Negativschlagzeilen geriet
Schmid zuletzt mächtig in die Defensive.
Zuletzt war es die Facebook-Affäre, mit der sich Schmid konfrontiert sah.
Sein Amtschef im Wirtschaftsministerium, Daniel Rousta, hatte auf seiner
privat geführten, aber im Auftritt mit Landeswappen öffentlich wirkenden
Facebook-Seite abgelästert, unter anderem über die FDP.
## Engen Vertrauten verloren
Nach einem Magazinbericht über die Liberalen hatte Rousta gepostet: „Netter
kleiner ’Shitstorm‘, der da gerade über die FDPisser hereinbricht.“ Zuvor
hatte Schmid ihn schon mehrfach intern ermahnt, derartige Äußerungen zu
unterlassen – vergeblich. Vorletztes Wochenende musste Schmid seinen
Ministerialdirektor schließlich entlassen. Dabei war Rousta für Schmid ein
enger Vertrauter. Der 38-jährige Diplomjurist hatte im vergangenen Jahr
Schmids Wahlkampf geleitet. Beide stehen dem pragmatischen, aber auch
konturlosen „Netzwerk Berlin“ nahe, Schmid politisch, Rousta einst als
Geschäftsführer.
Schmid könne nichts für das Fehlverhalten von Rousta, heißt es zwar in der
SPD-Landtagsfraktion. „Wir wussten aber alle, dass Rousta schwierig ist“,
sagt ein Abgeordneter. Schon als Wahlkampfmanager habe er sich gegenüber
Abgeordneten einige Male im Ton vergriffen. „Es ist daher nicht
nachvollziehbar, dass Schmid von Anfang an auf ihn gesetzt hat.“ Am
Dienstag nach der Entlassung seien während der SPD-Fraktionssitzung
schließlich „deutliche Worte“ gefallen.
Ohnehin steht Schmid unter Druck. Zwar zweifelt kaum einer an seiner
fachlichen Kompetenz, doch nach einem Jahr an der Regierung konnte er sich
bislang nicht profilieren. Während Kretschmann in kürzester Zeit die Figur
des Landesvaters übernahm, blieb Schmid stets blass.
Die große Chance kam für ihn mit der Schlecker-Insolvenz. Als es um die
Transfergesellschaft für die Mitarbeiterinnen ging, setzte der
Sozialdemokrat alles daran, als Retter dazustehen.
## FDP vermasselt Auftritt
Doch die FDP vermasselte ihm mit ihrem Nein zu der staatlich finanzierten
Auffanggesellschaft im letzten Moment die schönen Schlagzeilen. Stattdessen
musste Schmid vor die Kameras treten und das Scheitern verkünden: „Es ist
ein bitterer Tag für die Beschäftigten von Schlecker und ihre Angehörigen“,
sagte er. Es war auch ein bitterer Tag für Schmid.
Zwar halten ihm Sozialdemokraten auch in diesem Fall zugute, dass er alles
versucht und die FDP die Rettung verbockt habe. „Wir würden uns aber sehr
wohl freuen, wenn der Wirtschaftsminister sein Wirtschaftsprofil stärken
könnte“, sagt ein Abgeordneter. Vor allem auf diesem Feld müsse sich die
SPD gegenüber den Grünen profilieren. „Da muss Schmid auch stärker als
Person rüberkommen.“
Einige zweifeln inzwischen auch daran, ob er als Superminister und
Landesparteichef der Fülle der Aufgaben gewachsen ist. „Wir halten ihn
prinzipiell für kompetent“, heißt es in der Fraktion. „Aber auch seine
Woche hat nur sieben Tage.“
1 May 2012
## AUTOREN
Nadine Michel
## TAGS
Nils Schmid
Schwerpunkt Landtagswahlen
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