# taz.de -- Suu Kyi will in Birma doch Amtseid leisten: Dem Willen des Volkes f… | |
> Zwar wird die Eidsformel nicht geändert, dennoch ist Birmas | |
> Oppositionsführerin Suu Kyi bereit, ihn nun zu leisten. Indes stellt | |
> Generalsekretär Ban Forderungen an den Westen. | |
Bild: Sie will die Verfassung Birmas eigentlich nur respektieren, aber nicht sc… | |
BANGKOK taz | Birmas Opposition lenkt nun doch ein. Nach einem Streit um | |
die Eidesformel wollen Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi und die anderen | |
Abgeordneten ihrer „Nationalen Liga für Demokratie“ (NLD) an der nächsten | |
Parlamentssitzung am Mittwoch teilnehmen. Daher wollten sie auch den | |
umstrittenen Amtseid leisten, den sie zuvor verweigert hatten, so | |
Friedensnobelpreisträgerin Suu Kyi am Montag. | |
Was genau die NLD bewogen hat, ihre Meinung zu ändern, wurde im Detail | |
nicht bekannt. Suu Kyi sagte lediglich, sie lehne den vorgeschriebenen | |
Wortlaut weiterhin ab. Aber das Volk wolle, dass die NLD im Parlament | |
vertreten sei. | |
Bei ihrer Vereidigung müssen Parlamentarier schwören, dass sie die | |
Verfassung schützen. Doch Suu Kyi und ihre NLD wollten sich lediglich dazu | |
bekennen, diese zu respektieren. Kritiker monieren von jeher, dass die 2008 | |
in einem manipulierten Referendum durchgedrückte Verfassung lediglich dazu | |
diene, die Vormachtstellung des Militärs zu garantieren. Unter anderem | |
sieht diese vor, dass unabhängig von Wahlen ein Viertel aller | |
Abgeordnetensitze für Angehörige der Armee reserviert sein müssen. Somit | |
sind Verfassungsänderungen ohne deren Zustimmung nicht möglich. | |
Birmas Präsident und Ex-General Thein Sein, der seit März 2011 einer | |
„zivilen“ Regierung aus vielen ehemaligen Militärs vorsteht, hatte betont, | |
dass man die Eidesformel nicht ändern werde. | |
Der Streit gipfelte darin, dass die bei den Nachwahlen am 1. April | |
gewählten NLD-Abgeordneten vor einer Woche die erste Parlamentssitzung, an | |
der sie hätten teilnehmen sollen, boykottiert hatten. Von Beobachtern war | |
dies unterschiedlich aufgenommen worden. Die einen erklärten, die NLD | |
erweise sich damit als glaubwürdige Opposition. Andere hingegen | |
kritisierten, dies sei der falsche Weg, da das Volk Suu Kyis Partei ein | |
klares Mandat erteilt habe. | |
## Ausländische Politiker geben sich die Klinke in die Hand | |
Am gleichen Tag hatte die EU beschlossen, die meisten Sanktionen gegen | |
Birma für ein Jahr auszusetzen. Kritiker erklärten, dies geschehe viel zu | |
früh: Die Beschränkungen seien suspendiert worden, obwohl die einst vom | |
Westen selbst erhobenen Bedingungen dafür noch längst nicht erfüllt seien. | |
„Burma Partnership“, ein Zusammenschluss von zivilgesellschaftlichen | |
Gruppierungen in Asien-Pazifik, wies darauf hin, dass noch immer etwa 1.000 | |
politische Gefangene hinter Gittern säßen. Zudem gebe es weiter keine | |
Lösung der ethnischen Konflikte. Zwar sei mit einer Reihe von | |
Rebellenorganisationen Waffenstillstandsabkommen geschlossen worden. Doch | |
die Angriffe der Regierungsarmee in mehreren von ethnischen Minderheiten | |
bewohnten Regionen gingen unvermindert weiter. | |
Seit Monaten geben sich Vertreter der internationalen Gemeinschaft in Birma | |
die Klinke in die Hand. Dabei wird betont, dass der Wandel im Lande zwar | |
spürbar, aber der Reformkurs noch nicht unumkehrbar sei. Zur Zeit sind | |
Bundesaußenminister Guido Westerwelle, die EU-Außenbeauftragte Catherine | |
Ashton sowie UN-Generalsekretär Ban Ki Moon auf Stippvisite. Ban, der als | |
erster internationaler Repräsentant vor dem Parlament in der Hauptstadt | |
Naypyidaw sprach, lobte unter anderem die Visionen und den Mut von | |
Präsident Thein Sein und Oppositionsführerin Suu Kyi. Den Schritt der NLD, | |
an der nächsten Sitzung des Parlaments teilzunehmen, begrüßte er. Auch rief | |
er den Westen dazu auf, seine Sanktionen gegen Birma weiter zu lockern. | |
30 Apr 2012 | |
## AUTOREN | |
Nicola Glass | |
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