# taz.de -- Kommentar Westbirma: Willkommene Sündenböcke | |
> Birmas Präsident hat leider Recht: Die Reformen des Landes sind | |
> gefährdet, sollten die Konflikte mit den Minderheiten außer Kontrolle | |
> geraten. | |
Was für eine Wendung: Bis vor kurzem war Birmas Militär im Volk so verhasst | |
wie gefürchtet, schließlich hatten die Generäle das Land Jahrzehnte mit | |
eiserner Hand regiert und heruntergewirtschaftet. Der neue | |
reformorientierte Präsident Thein Sein versucht trotz eigener | |
Militärvergangenheit seit März 2011 den Einfluss der Uniformträger | |
zurückzudrängen. | |
Doch nachdem es im Bundesstaat Rakhaing tagelang zu tödlicher Gewalt | |
zwischen Muslimen und Buddhisten kam, sah er sich dort zur Verhängung des | |
Kriegsrechts genötigt. Das gibt den Militärs jetzt wieder mehr Macht und | |
wertet sie auf. | |
Sie sind bisher größte Nutznießer der aktuellen Krise. Ob dabei einzelne | |
Offiziere, die mit Thein Seins Reformen nicht einverstanden sind, selbst | |
die Gewalt angeheizt haben, ist nicht bewiesen. Doch ausgeschlossen werden | |
kann das auch nicht. Birmas Generäle, die sich sonst an ihrem Vorbild der | |
indonesischen Streitkräfte zu Zeiten Suhartos orientieren, dürften sich | |
auch an deren Verhalten nach dem Sturz des Diktators noch gut erinnern. | |
Damals versuchten sich diskreditierte Militärs durch das Schüren religiös | |
verbrämter Konflikte als Retter zu profilieren und verlorenen Einfluss | |
zurückzugewinnen. | |
In Birma gehört die Lösung der Konflikte mit den Minderheiten zu den | |
schwierigsten Aufgaben jeder Regierung. Doch die Situation der jetzt | |
betroffenen Rohingya ist schlimmer als die anderer Gruppen. Denn die | |
Rohingya sind nicht einmal als Minderheit anerkannt. Viele haben gar keine | |
offizielle Staatsbürgerschaft. Sie sind die schwächste und am meisten | |
diskriminierte Gruppe des Landes und deshalb am besten als Sündenböcke | |
geeignet. | |
Präsident Thein Sein hat leider Recht, dass Birmas Reformen gefährdet sind, | |
sollte der Konflikt außer Kontrolle geraten. Den Hardlinern im Militär | |
dürfte dies recht sein. | |
11 Jun 2012 | |
## AUTOREN | |
Sven Hansen | |
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