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# taz.de -- Internetzensur im Iran: Auf dem Weg zum „Halal“-Internet
> Die iranische Internetzensur ist eine der rigidesten weltweit. Nun hat
> die Regierung Unternehmen verpflichtet, nur iranische Anbieter für
> Netzdienste zu verwenden.
Bild: Netz unter Aufsicht: Internetcafe in Teheran.
KÖLN taz | Schritt um Schritt schottet das iranische Regime Internetnutzer
immer weiter vom Rest der Welt ab. Nach neuesten, hat die Regierung den
Banken, Versicherungen und Telefongesellschaften dazu verpflichtet, nur
noch iranische Internetdienstleister zu nutzen. Auch Universitäten und
öffentliche Verwaltung sollen betroffen sein.
Das iranische Regime ist bereits jetzt für seine rigide Internetzensur
bekannt, die der in China nichts nachsteht. Alle Internetprovider des
Landes stehen unter Kontrolle des Staates und damit auch die
Kommunikationswege ins Ausland. Facebook und Youtube sind genau so gesperrt
wie die Webseite der New York Times. Für andere Inhalte hat das Regime
diffizilere Sperrmechanismen: Zielgenau können die Zensoren einzelne Seiten
auf Plattformen genau so sperren wie verdächtige Stichworte.
Eine Stufe weiter geht die „deep packet inspection“. Mit von westlichen
Firmen eingekaufter Technik können die Zensoren in den Datenverkehr
hineinsehen und zielgenau bestimmte Ziele und Kommunikationsarten sperren.
Wer zum Beispiel seine Kommunikation per Verschlüsselung schützen will,
kann so einfach enttarnt werden. Staatliche Stellen können sogar versuchen,
die Verschlüsselung zu knacken, indem sie den Nutzern falsche Schlüssel
unterschieben.
Der Plan für ein „Halal-Internet“ geht darüber hinaus. Statt jede
Kommunikation zu kontrollieren und die unerwünschten Inhalte zu
unterdrücken, versucht das Regime einen Großteil der Kommunikation unter
Kontrolle zu bekommen und unschädlich zu machen, die Verbindungen ins
Ausland hingegen werden nur zugelassen, soweit sie nötig sind.
„Solche Maßnahmen sind technisch sicher möglich, aber das Land wird einen
hohen Preis dafür zahlen“, sagte Exil-Blogger Arash Abadpour auf der
Konferenz „Re:publica“ in Berlin. Das heißt: Wer verschlüsselte
Verbindungen stört, wird damit auch der eigenen Wirtschaft schaden –
Onlinebanking andere Internetgeschäfte würden unsicher. Und noch wichtiger:
Wer versucht den Austausch von Ideen zu verhindern, wird die Zukunft
verschlafen. Oder von ihr überrollt werden.
## Viele Ressourcen unter amerikanischer Kontrolle
Ganz vom Internet abkoppeln kann sich der Iran nicht. Viele zentrale
Ressourcen wie zum Beispiel das Domain Name System (DNS), das
Internetadressen den Servern zuordnet, sind unter amerikanischer Kontrolle.
Dem versucht sich der Iran zu entziehen, indem möglichst viel Kommunikation
unter der nationalen Domain abgewickelt wird. Wenn Verbindungen
verschlüsselt werden, dann nur zwischen Zielen, die für den Staat einfach
erreichbar sind.
Dass Iran es diesmal schafft, sich vollkommen abzukoppeln und unerwünschte
Kommunikation unmöglich zu machen, ist dagegen nicht zu erwarten.
Oppositionelle und Zensurbehörden liefern sich seit Jahren ein Wettrüsten,
zudem gibt es eine riesige Blogger-Bewegung im Iran, die Informationen
weiter transportieren kann. Doch je nachdem welche Stellschrauben das
Regime anzieht, wird die Kommunikation mit dem Ausland schwerer und
langsamer.
Zu der Entkopplung der Netze mit dem Ausland trägt sicher auch bei, dass
Iran in den vergangenen Jahren öfter das Opfer massiver Hacker-Attacken.
Besonders der Virus StuxNet, der einen Teil der Zentrifugen zur
Urananreicherung beschädigte, sorgte für großes Aufsehen. Hier wird die
Maßnahme aber kaum Erfolg haben: Viren sind klein und tarnen sich oft
besser als Oppositionsbotschaften.
18 May 2012
## AUTOREN
Torsten Kleinz
## TAGS
Schwerpunkt Überwachung
Internet
Schwerpunkt Überwachung
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