# taz.de -- Stromnetz-Ausbau in Deutschland: Merkel räumt Zeitverzug ein | |
> In ihrem Videocast fordert Kanzlerin Merkel einen schnellen Ausbau der | |
> deutschen Stromnetze. Um den Windstrom von den Norden in den Süden zu | |
> schaffen, sind Tausende neue Netzkilometer nötig. | |
Bild: Idyllisch: Stromtrasse vor sächsischem Himmel. | |
BERLIN rtr/dpa | Bundeskanzlerin Angela Merkel hat eingeräumt, dass der Bau | |
neuer Stromtrassen in Verzug geraten ist. Bei den großen Übertragungsnetzen | |
sei man mit „vielen Projekten im Rückstand“, sagte Merkel in ihrer am | |
Samstag veröffentlichten wöchentlichen [1][Video-Botschaft]. Die Zeit | |
dränge. Gerade für die großen Industriegebiete im Süden Deutschlands seien | |
neue Übertragungsleitungen nötig, denn Windenergie lasse sich aus | |
klimatischen und geografischen Gründen im Norden sehr viel besser und auch | |
billiger erzeugen. | |
Nach Schätzungen der Deutschen Energie-Agentur sind rund 4.500 Kilometer an | |
Höchstspannungsleitungen notwendig, um Windstrom aus dem Norden in den | |
Süden zu bekommen. Hinzu kommen tausende Netzkilometer auf der regionalen | |
Verteilebene. | |
Am Dienstag besucht sie die Bundesnetzagentur in Bonn, bevor einen Tag | |
später die vier Betreiber der großen Stromautobahnen den Entwurf für eine | |
Bundesnetzplanung vorstellen. Bis Ende des Jahres soll per Gesetz ein | |
Masterplan für den bundesweiten Stromnetzausbau vorliegen. Merkel wird bei | |
dem Besuch von Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) und dem neuen | |
Umweltminister Peter Altmaier (CDU) begleitet. | |
Rösler kündigte eine stärkere Rolle des Bundes an. Mit dem neuen | |
Netzentwicklungsplan, der Mitte der Woche vorgestellt werden soll, will der | |
Bund Trassenprojekte mit besonderer Priorität selbst in die Hand nehmen. | |
„400 Kilometer Stromautobahnen sollen von der Bundesnetzagentur in | |
Eigenregie geplant werden“, sagte Rösler der Passauer Neuen Presse. | |
## Altmaer will Neustart bei Energiewende | |
Peter Altmaier will einen Neustart bei der Energiewende erreichen. „Wenn | |
man neu in ein Amt kommt, kann man auch neu ansetzen“, sagte er der Welt am | |
Sonntag. In der Umweltpolitik könne man sich keinen Stillstand leisten, | |
sagte der CDU-Politiker, der seinem Parteifreund Norbert Röttgen nach | |
dessen Entlassung im Amt folgte. Das Zustandekommen der Energiewende habe | |
zu erheblichen Frontstellungen und Konflikten geführt: „Manchmal kann ein | |
Wechsel an der Spitze helfen, solche Blockaden zu überwinden.“ Er wolle mit | |
Umweltverbänden, Wirtschaft und der Energiebranche sprechen und verhindern, | |
dass Umwelt und Wirtschaft gegeneinander ausgespielt würden. | |
Um den gestiegenen Energiepreisen entgegenzuwirken, setzt Altmaier auf | |
Effizienz, hier müsse vor allem die Gebäudesanierung vorankommen: | |
„Sanierungsmaßnahmen von Privateigentümern müssen steuerlich gefördert | |
werden können.“ Dass die Verbraucher in den vergangenen Monaten höhere | |
Benzinpreise und Heizkosten zahlen mussten, hat Altmaier zufolge aber | |
nichts mit der Energiewende zu tun, sondern mit der Weltmarktentwicklung. | |
Dagegen rechnet FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle im Zuge der Energiewende | |
mit steigenden Strompreisen. „Es wird teurer für den Bürger. Wir brauchen | |
über 4.000 Kilometer neue Stromleitungen, wir brauchen Gaskraftwerke.“ Das | |
koste Geld. Angesichts höherer Stromrechnungen dürfe auch nicht „auf Teufel | |
komm raus“ die Solarenergie gefördert werden. Staatliche Subventionen für | |
Gaskraftwerke, Leitungsbau und erneuerbare Energien, wie mehrere | |
Bundesländer sie zuletzt gefordert hatten, lehnte Brüderle ab. | |
## Merkel: Bei vielen Projekten in Rückstand | |
Merkel sagte, man sei bei vielen Projekten im Rückstand. Deshalb wolle sie | |
sich bei der Bundesnetzagentur darüber informieren, wie das mit den | |
einzelnen Projekten ist. „Was gegebenenfalls politisch getan werden kann, | |
um die Dinge zu beschleunigen und auch die Investoren stärken zu | |
engagieren, die notwendigen Investitionen durchzuführen.“ | |
Sie betonte, mit dem neuen Netzausbaubeschleunigungsgesetz gebe es mehr | |
Bürgerbeteiligung. „Es geht für die Bürgerinnen und Bürger natürlich vor | |
allen Dingen darum, dass wir persönliches Eigentum so wenig wie möglich in | |
Beschlag nehmen“, sagte die Bundeskanzlerin. „Und deshalb werden wir eine | |
sehr intensive, aber auch nicht zu lange Diskussionsphase haben, denn es | |
muss bald Investitionsklarheit sein.“ | |
26 May 2012 | |
## LINKS | |
[1] http://www.bundeskanzlerin.de/Webs/BK/De/Mediathek/Videos/videos.html;jsess… | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Ausbau der Energienetze: Naturschutz schlägt Energiewende | |
Das Bundesverfassungsgericht gibt der Klage des Nabu statt. Die Pläne zum | |
Bau der Uckermarkleitung müssen nachgebessert werden. | |
Neuer Umweltminister stellt Programm vor: Grüner Wundarzt bleibt schwammig | |
Umweltminister Peter Altmaier stellt in Berlin seine Agenda vor. Er will | |
den Klimaschutz stärker in den öffentlichen Fokus rücken und seine Arbeit | |
transparenter machen. Harte Themen meidet er. | |
Stromnetzausbau teurer als gedacht: Energiewende kostet 50 Milliarden mehr | |
Mehr neue Stromtrassen, eine Verstärkung der bisherigen Leitungen und der | |
Anschluss der Offshore-Windparks lassen die Kosten des Netzausbaus | |
drastisch steigen. | |
Bürgerbeteiligung bei Stromnetzplanung: Kritische Kommentare erwünscht | |
Zum Entwicklungsplan für neue Stromleitungen kann jeder Bürger | |
Stellungnahmen einreichen. Wie die Planer damit umgehen werden, ist bislang | |
noch nicht abzusehen. | |
Ausbau der Stromnetze: Merkel bekräftigt Energiewende | |
Die Kanzlerin weist Zweifel am Umstieg auf erneuerbare Energie zurück. Die | |
Netze sollen bis 2020 für 20 Milliarden Euro ausgebaut werden. Die Linke | |
bezweifeln die Notwendigkeit. | |
Pläne für neue Stromtrassen: „Der Ausbau geht zu langsam“ | |
Jochen Homann, Chef der Bundesnetzagentur, fordert die Bundesbürger zur | |
Beteiligung an der Trassendiskussion auf. Wer nicht mitmacht, verpasst | |
seine Chance. | |
Kommentar Energiewende: Beschleunigen statt verzögern | |
Solarenergie lieferte an Pfingsten zeitweise fast die Hälfte des | |
Strombedarfs. Wenn Altmaier die Zeichen richtig deuten würde, müsste er für | |
eine Beschleunigung der Energiewende eintreten. | |
Energiewende braucht Stromleitungen: Wunschzettel für Berlin | |
Beim Energiegipfel von Kanzlerin Merkel und ihrem neuen Umweltminister | |
Altmaier will sich Niedersachsens Ministerpräsident McAllister für Tempo | |
beim Netzausbau einsetzen. | |
Umweltminister Peter Altmaier: Ein politisches Schwergewicht | |
Der neue Umweltminister Peter Altmaier ist die Allzweckwaffe der Kanzlerin. | |
Niemand kann die schwarz-gelben Widersprüche so brillant glätten wie er. | |
Bundesnetzagentur legt Jahresbericht vor: Zu wenig Leitungen, zu wenig Strom | |
Der Ausbau des Stromnetztes verzögere sich weiter, erklärt die | |
Bundesnetzagentur. Zudem warnt die Behörde vor Engpässen bei der | |
Stromversorgung. | |
Zukunft der Stromversorgung: Opposition zürnt über Energieplausch | |
Die Kanzlerin lässt sich erklären, was getan werden kann, um künftig genug | |
Kraftwerke zu haben. Aus dem Gedankenaustausch wird ein großer Aufreger. | |
Kommentar Energiewende: Ein Rückfall in alte Zeiten ist unmöglich | |
Viel wurde geredet, dann viel besprochen. Derzeit geht die Energiewende ein | |
wenig zu schnell voran. Das Energiesystem steht vor Problemen, ist aber | |
kein Desaster. |