# taz.de -- Kommentar Computervirus: Das Geschäft mit der Angst | |
> Ein Wurm, ein Virus, der Teufel! Cyberwaffen, Cyberwar, Cyberangriffe – | |
> ist das Ende also nahe? Die Anwort ist so einfach, dass sie niemand | |
> glauben wird: Nein. | |
Die russische Firma Kaspersky Labs behauptet gegenüber der [1][BBC], es | |
gebe eine neue Schadsoftware, die schon seit zwei Jahren ihr Unwesen | |
treibt. Die sei noch böser als der Virus Stuxnet, viel mehr noch – das | |
[2][Böseste], was es bisher gab. „Flame“ wird der neue Schädling von | |
Fachleuten genannt. Wie der Teufel hat „Flame“ auch anderen Namen. Er macht | |
nichts kaputt, sondern sammelt nur Daten, wie bisher bekannt, offenbar von | |
befallenen Rechner im Nahen Osten – also nicht weltweit wie Facebook. | |
Eine Firma, die Anti-Virenprogramme programmiert und verkauft, entdeckt | |
einen neuen Virus? Ach. Wer hätte das gedacht? Bevor man jetzt die üblichen | |
Verdächtigen aufzählt (Staat im Nahen Osten mit fünf Buchstaben) oder die | |
sattsam bekannten Verschwörungstheorien bemüht (SIE sind schon überall | |
drin!): Wir haben keine unabhängigen Quellen, wir wissen nicht, wer die | |
Malware programmiert hat – obwohl ein Minister eines Staates am Mittelmeer | |
geheimnisvoll herumraunt –, wie wissen nicht wozu, wir wissen fast gar | |
nichts. Aber wir trauen es ihnen (bitte selbst ausfüllen) zu. | |
Wir wissen nur, dass ein Programm, das technische Prozesse in Großrechnern | |
heimlich manipulieren kann, viel zu aufwändig herzustellen ist, als dass | |
Scriptkiddies oder andere virtuelle Hooligans damit Schaden anrichten | |
könnten. Um Software wie Stuxxnet und Flame zu programmieren, benötigt man | |
viele IT-Fachleute und viel Zeit – fast so viel wie für ein einfaches | |
Betriebssystem. Und wie kommt die Spionage-Software auf einen Rechner? | |
Haben die keine IT-Abteilung im Nahen Osten oder sind das auch nur | |
Pappnasen wie oft bei deutschen Unternehmen, deren Webseiten andauern | |
gehackt werden? Fragen über Fragen. Stellt aber keiner. | |
Kaspersky betreibt professionell das Geschäft mit der Angst, wie alle | |
Verkäufer von Anti-Viren-Software und anderem Regenzauber. Kaspersky | |
braucht den dümmsten anzunehmenden Nutzer, wie der Pfarrer das arme | |
Sünderlein braucht. Cyberwaffen, Cyberwar, Cyberangriffe – ist das Ende | |
also nahe? Die Anwort ist so einfach, dass sie niemand glauben wird: Nein. | |
Es gibt nur eine finstere Bedrohung aus dem berüchtigten Cyberspace. Die | |
hat zwei Ohren, sitzt vor dem Monitor und kümmert sich nicht um Sicherheit, | |
weil wir das schon immer so gemacht haben, weil das unbequem und | |
kompliziert sei, weil Websites dann so komisch aussehen, wenn man geschützt | |
surft, weil E-Mails nicht mehr hübsch wirken und man das Logo von | |
Werbeagenturen nicht mehr sehen kann, wenn man auf Hochsicherheits- und | |
Anti-Phishing-Modus wechselt, und weil der Rechner immer nervig fragt, ob | |
man dieses oder jenes Programm (I_love_you.exe) wirklich installieren | |
möchte und man ganz sicher sei? | |
Die Viren werden immer schlimmer. Nichtes Neues also aus dem Cyberspace. | |
29 May 2012 | |
## LINKS | |
[1] http://www.bbc.co.uk/news/technology-18238326 | |
[2] http://www.securelist.com/en/blog/208193522/The_Flame_Questions_and_Answers… | |
## AUTOREN | |
Burkhard Schröder | |
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