# taz.de -- Zukunft der Asse: Die Angst vor der großen Flut | |
> Atomkraftkritiker werfen dem Betreiber des Atommülllagers vor, die | |
> Flutung des Bergwerks vorzubereiten. Das zuständige Bundesamt für | |
> Strahlenschutz will davon nichts wissen. | |
Bild: Atommülllager Asse 2: Der atomkraftkritische Asse II-Koordinationskreis … | |
HANNOVEr taz | Während Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) bei seinem | |
für Freitag angekündigten Besuch des maroden Bergwerks Asse auch | |
Möglichkeiten zur Beschleunigung der Räumung eruieren will, ziehen | |
Umweltschützer in Zweifel, dass Bund und Land es mit der Bergung der | |
radioaktiven Abfälle überhaupt ernst meinen. „Wichtig ist nicht, was gesagt | |
wird, sondern was unter Tage passiert“, sagte am Mittwoch Andreas Riekeberg | |
vom atomkraftkritischen Asse II-Koordinationskreis. Dort, unter Tage, | |
bereite das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) mit seinen Notfallmaßnahmen | |
nämlich die Flutung des Atommülllagers vor. | |
Sollte das Bergwerk aber geflutet werden, sei eine Rückholung der Abfälle | |
nicht mehr möglich. Stattdessen werde es unweigerlich zu einer Freisetzung | |
radioaktiver Stoffe an die Biosphäre kommen – „in unbekannten Zeiträumen, | |
an unbekannten Orten in Norddeutschland, in unbekanntem Ausmaß“. | |
Die Notfallmaßnahmen des BfS sollen zur Stabilisierung des Bergwerks im | |
Fall massiver Wassereinbrüche dienen. Die ähnelten über weite Strecken dem | |
alten Flutungsplan des früheren Betreibers, sagt Frank Hoffmann vom | |
Koordinationskreis. Dies gehe aus einem Vergleich beider Konzepte hervor. | |
Hoffmann hält die Gemeinsamkeiten für so groß, „dass man kaum von Zufällen | |
sprechen kann“. | |
„Seit 2009 verspricht der Bund mit wachsender Intensität und ständig | |
wechselndem Personal, Konsequenzen aus dem Debakel Asse zu ziehen und den | |
Müll, der dort nie hätte wieder gelagert werden dürfen, wieder | |
herauszuholen“, beklagte Riekeberg. Doch während die Bergung nicht in Gang | |
komme, werde die Flutung vorbereitet. | |
Die im Koordinationskreis zusammengeschlossenen Initiativen und Gruppen | |
hätten „kein Vertrauen, dass nicht zu einem beliebigen Zeitpunkt jemand den | |
Notfall ausruft und mit der Flutung beginnt“. Bis zum Jahr 2036 – dem | |
zuletzt genannten Termin für den Beginn der Rückholung – seien es ja noch | |
24 Jahre, in denen jederzeit geflutet werden könne. | |
Die Notfall-Konzepte beinhalteten jeweils als wesentliches Element die | |
Einleitung von mehreren hunderttausend Kubikmetern Magnesiumchlorid-Lauge | |
in die Bereiche unterhalb von 700 Metern Tiefe. Dort liegen zwölf Kammern | |
mit radioaktiven Abfällen. Während der ehemalige Betreiber GSF geplant | |
hatte, auch die restlichen 900.000 Kubikmeter Hohlraum des Bergwerks mit | |
Lauge zu fluten, wolle das BfS diesen Teil mit dem unkontrolliert | |
zutretenden Wasser volllaufen lassen, sagte Hoffmann. | |
Auch andere Maßnahmen wie das Einbringen von Sorelbeton – - ein spezieller | |
Bergbaubeton, der aus Magnesiumoxid, Magnesiumchloridlösung und Steinsalz | |
besteht – in noch unverfüllte Hohlräume oder das Verschließen des Schachtes | |
ähnelten sich oder seien identisch. „Es gibt Unterschiede in der Begründung | |
der Maßnahmen, aber nicht in ihrem Effekt für das Bergwerk und die | |
Abfälle“, sagte Hoffmann. Der Geologe Ralf Krupp ergänzte, das BfS habe | |
„alle Komponenten übernommen, aber zum Teil anders bezeichnet“. | |
Das BfS müsse umgehend andere Konzepte für den Fall unkontrollierbarer | |
Lösungszutritte entwickeln und „mit Hochdruck“ an der Rückholung der | |
radioaktiven Abfälle arbeiten, verlangt der Koordinationskreis. So könnte | |
die Pumpenleistung auf mehrere tausend Kubikmeter täglich erhöht werden, | |
wie dies in anderen Bergwerken auch geschehe. Die radioaktiven Abfälle | |
müssten auch bei starken Wassereinbrüchen trocken gehalten werden. Derzeit | |
laufen täglich rund 12 Kubikmeter Lösung in das Bergwerk. Eine Wassermenge | |
von bis zu 500 Kubikmetern pro Tag gilt beim BfS bei der derzeit | |
installierten Pumpenkapazität als grade noch zu handeln. | |
Das Bundesamt verwahrte sich am Mittwoch dagegen, dass die Flutung der Asse | |
vorbereitet werde. Vielmehr setze die Behörde alle Kraft daran, das | |
Atommülllager so schnell wie möglich sicher stillzulegen, sagte Sprecher | |
Werner Nording auf Anfrage. „Damit wir überhaupt sicher in der Asse | |
arbeiten können, müssen wir das Grubengebäude durch die sogenannten | |
Vorsorgemaßnahmen zuvor stabilisieren.“ | |
31 May 2012 | |
## AUTOREN | |
Reimar Paul | |
Reimar Paul | |
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