# taz.de -- Atommüll-Bergung in Asse: Minister geht, Bohrung beginnt | |
> Nach dem Besuch von Peter Altmaier im Atommülllager Asse beginnen die | |
> Vorarbeiten zur Bergung des radioaktiven Abfalls. Zuvor hatte es Debatten | |
> über den Terminplan des BfS gegeben. | |
Bild: Eigentlich hätte das Anbohren in Asse schon vor Monaten beginnen sollen. | |
REMLINGEN dpa | Im Atommüll-Lager Asse sollen unmittelbar nach dem Besuch | |
von Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) am Freitag überraschend | |
Vorarbeiten zur Bergung radioaktiver Abfälle starten. Es seien die letzten | |
Genehmigungsvoraussetzungen für das Anbohren einer ersten Kammer, in der | |
Abfälle lagern, erfüllt worden, sagte ein Sprecher des Bundesamtes für | |
Strahlenschutz (BfS). | |
Damit könne der erste Schritt einer Probephase für die Rückholung der | |
schwach- und mittelradioaktiven Abfälle beginnen. So will das BfS die | |
weiterhin offenen Fragen klären, wie die Abfälle zurückzuholen sind. Zuvor | |
hatte ein Terminplan des BfS für große Unruhe bei den Bürgern gesorgt, | |
wonach die endgültige Rückholung im schlimmsten Fall erst 2036 beginnen | |
könnte. | |
Altmaier kündigte daraufhin seinen Besuch an. Er fordert eine | |
Beschleunigung bei der geplanten Rückholung und kann sich nun passend zum | |
Besuch über einen ersten Erfolg freuen. Sein Vorgänger Norbert Röttgen war | |
im März erstmals in der Asse, die Parlamentarische Staatssekretärin Ursula | |
Heinen-Esser (CDU) wurde federführend mit der Asse-Thematik betraut. | |
Sie ist auch beim Besuch Altmaiers dabei. Die Arbeiten in dem früheren | |
Salzbergwerk stehen unter Atomrecht, weshalb viele strenge und komplizierte | |
Auflagen zu erfüllen sind. Allein für das Anbohren der betroffenen Kammer 7 | |
war ein Forderungskatalog von fast 1000 Seiten abzuarbeiten. Das Anbohren | |
sollte schon vor Monaten beginnen. | |
## 126.000 Fässer | |
Damit soll zunächst ein erster Überblick gewonnen werden, wie es überhaupt | |
in der Kammer aussieht. Es ist unklar, ob sich der Müll noch in den Fässern | |
befindet oder eingedrungenes Wasser ihn aufgelöst hat. Pro Tag dringen rund | |
12 000 Liter Wasser in die Anlage ein, in die bis zum Jahr 1978 etwa 126 | |
000 Atommüllfässer gekippt wurden. Die Bergung könnte mehrere Milliarden | |
Euro kosten - wenn sie möglich ist. | |
Allein das Anbohren und Ausspähen der Kammern mit Minikameras dürfte lange | |
dauern. Wenn eine Bergung – auch mit Blick auf die Standsicherheit des um | |
1900 angelegten Bergwerks – noch möglich erscheint, müssten ein ganz neuer | |
Schacht und ein oberirdisches Zwischenlager gebaut werden. | |
All dies, im Zusammenspiel mit den Auflagen, könnte letztlich zu der vom | |
BfS skizzierten Verzögerung bis 2036 als Start für die Bergung führen. Eine | |
daher auch mögliche Verfüllung würde das Risiko bergen, dass der strahlende | |
Müll über eindringendes Wasser nach oben gedrückt wird und das Grundwasser | |
der Region verseucht. | |
## Massiver Werteverfall der Grundstücke | |
Die Bürger sind daher strikt dagegen, sie leiden zudem jetzt schon unter | |
dem massiven Wertverfall ihrer Grundstücke. Niedersachsens Umweltminister | |
Stefan Birkner (FDP), aber auch SPD, Grüne und Teile von CDu und FDP | |
dringen auf eine Lex Asse, ein Sondergesetz zur Beschleunigung dieses | |
weltweit einmaligen Rückholungsprojekts. | |
Die Gesellschaft für Strahlen- und Umweltforschung (GSF) hatte die als | |
Bergwerk unwirtschaftlich gewordene Asse 1965 im Auftrag der Bundesrepublik | |
für 900 000 Mark erworben, um ein Atommüll-Endlager oder ein | |
Forschungsbergwerk einzurichten. Bis 1978 wurden dort rund 125 000 Behälter | |
mit schwach- und 1300 mit mittelradioaktivem Müll gelagert. | |
Nach Pannen und Versäumnissen wurde dem Betreiber GSF, der später im | |
Helmholtz Zentrum München aufging, 2009 die Verantwortung entzogen. Seitdem | |
ist das BfS zuständig, das dem Umweltministerium untersteht. | |
1 Jun 2012 | |
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