# taz.de -- FDP-Spitzenkandidat in Niedersachsen: Der leise Liberale | |
> Alle reden über Philipp Röslers ungewisse Zukunft. Für Stefan Birkner, | |
> den FDP-Mann bei der Landtagswahl in Niedersachsen, macht das den | |
> Wahlkampf nicht eben einfacher. | |
Bild: Lieber mal die Klappe halten. Stefan Birkner ist nicht so der vorlaute Ty… | |
HANNOVER taz | Er will sich nicht als „Heilsbringer“ sehen. Stefan Birkner | |
wird nicht müde, das zu betonen. Niedersachsens Umweltminister und | |
FDP-Spitzenkandidat für die Landtagswahl im Januar bemüht sich, die | |
Erwartungen kleinzuhalten. Für die FDP geht es schließlich weniger um den | |
Wiedereinzug ins Landeskabinett als vielmehr um den Wiedereinzug ins | |
Parlament – für Birkners Vertrauten Philipp Rösler womöglich gar um seinen | |
Posten als Parteivorsitzender. | |
Hartnäckig dümpelt Birkners FDP in Umfragen um 4 Prozent herum. Der | |
39-Jährige ist keiner, der die Stimmung quasi im Alleingang rumzureißen | |
vermag wie ein Wolfgang Kubicki in Schleswig-Holstein oder ein Christian | |
Lindner in Nordrhein-Westfalen. Ihm fehlen sowohl Profil als auch | |
Bekanntheit. Viel Zeit, daran zu feilen, hat er nicht. Erst vergangenen | |
Herbst übernahm Birkner den Landesvorsitz von [1][Vorgänger Rösler], im | |
Januar stieg er vom Umweltstaatssekretär zum Minister auf. | |
An die erste Reihe muss er sich gewöhnen. Birkner, Jurist, zeitweise | |
Staatsanwalt und Richter, ist ein leiser Typ. Zuspitzen ist nicht seine | |
Art, er sucht Geschlossenheit statt Konfrontation. Als Kubicki jüngst das | |
Schicksal von Bundesparteichef Rösler von der Niedersachsen-Wahl abhängig | |
machte, sprang Birkner Rösler als einer der Ersten zur Seite. „Populismus | |
nur der Schlagzeilen wegen rauszuhauen“, sagt er der taz, „ist oft nicht zu | |
Ende gedacht.“ | |
Die Kubicki-Debatte kommt auch sonst denkbar ungelegen: Während in Kiel | |
laut über eine Ampel im Bund nachgedacht wird, müht er sich, die Koalition | |
mit der CDU in Hannover als „Deutschlands bestfunktionierendes | |
schwarz-gelbes Bündnis“ zu rühmen. Denn hier rechnet CDU-Ministerpräsident | |
David McAllister offenkundig kaum noch mit der FDP: Auch SPD und Grüne | |
seien koalitionsfähig, hat McAllister bereits verkündet. | |
## Steifes Image | |
300.000 Stimmen – 30.000 mehr als bei der Landtagswahl 2008 – will Birkner | |
im Januar holen. Mit seiner „sachlichen und pragmatischen Art“? Er müht | |
sich redlich, sein eher steifes Image loszuwerden. Mit Schwager Robert | |
Habeck, Grünen-Frontmann und Umweltminister in Schleswig-Holstein, posierte | |
er jüngst launig für die Bild-Zeitung. In das marode Atommüllager Asse ist | |
Birkner 72 Stunden nach Amtsantritt als Umweltminister eingefahren. | |
Mittlerweile hat er mit der Asse, Gorleben und dem Schacht Konrad alle | |
Atommülllager im Land besucht. Die heiklen Themen, so das Signal, packt er | |
an. | |
Scheu vor Kritikern hat er dabei nicht: Locker sprintete er etwa bei der | |
Schacht-Konrad-Visite auf Demonstrierende zu und erklärte den verdutzten | |
Gegnern sein „Verständnis für die Ängste in der Region.“ Zur Rolle | |
Gorlebens im geplanten Endlagersuchgesetz lud er Politiker aller Fraktionen | |
und Gorleben-Gegner zum „Austausch“ ein. | |
Das ist zwar Symbolpolitik, Anerkennung bringt sie dennoch: „Ehrlich | |
gemeint“ sei der Dialog, lobt selbst die Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg | |
den Kandidaten. In Oppositionskreisen gilt Birkner als „einer der letzten | |
Liberalen von Format“. Er selbst sagt der taz, er sehe „oft die | |
grundsätzlichen Diskrepanzen gar nicht so. Wenn man miteinander redet, | |
merkt man, dass man nicht so weit auseinander ist.“ | |
## Keine Abstimmung über Rösler | |
Nichtsdestotrotz hat er umstrittenen Vorhaben wie der Elbvertiefung | |
zugestimmt. Auch seine [2][Position zu Gorleben] steht: Der Salzstock soll | |
beim Suchverfahren nicht schon im Vorfeld ausgeschlossen werden. | |
Themen wie diese wird Birkner aus dem Wahlkampf raushalten wollen. Da setzt | |
er etwa lieber auf Haushaltspolitik oder die Stärkung der Gymnasien. | |
Unterstützung aus Berlin ist ihm willkommen. Dennoch werde er darauf | |
achten, dass die letzte Wahl vor der Bundestagswahl „eine Abstimmung über | |
die Niedersachsen-FDP und nicht über Rösler wird“, kündigt Birkner schon | |
jetzt an. | |
16 Aug 2012 | |
## LINKS | |
[1] /Reaktionen-auf-Entlassung-Roettgens/!93547/ | |
[2] /Atommuell-Endlager-Gorleben/!97700/ | |
## AUTOREN | |
Teresa Havlicek | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Atommüll-Endlager Gorleben: Vorerst kein Baustopp in Sicht | |
Das Bundesamt für Strahenschutz hat eine Verlängerung des Betriebsplans für | |
Gorleben beantragt - für AKW-Gegner ein „falsches Signal“. | |
Kommentar: Offenbarungseid in Hannover: Im Augias-Stall | |
Die Folge-Schäden der Agrarindustrialisierung in Niedersachsen zu | |
reparieren ist eine große technische Aufgabe - aber klein im Vergleich zur | |
politischen, die Lobby zum Umdenken zu bringen. | |
Atommüll-Bergung in Asse: Minister geht, Bohrung beginnt | |
Nach dem Besuch von Peter Altmaier im Atommülllager Asse beginnen die | |
Vorarbeiten zur Bergung des radioaktiven Abfalls. Zuvor hatte es Debatten | |
über den Terminplan des BfS gegeben. | |
Reaktionen auf Entlassung Röttgens: „Bauernopfer“ der Regierung Merkel | |
Nach der Entlassung von Norbert Röttgen mehrt sich die Kritik an Merkels | |
Entscheidung – auch in der CDU. Die Opposition wertet den Rauswurf als | |
Verzweiflungsakt. |