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# taz.de -- Folgen der Griechenlandkrise: Flüchtlinge als Sündenböcke
> Rassismus und leere Kassen bedrohen die Sicherheit von Migranten in
> Griechenland. Die Organisation Ärzte ohne Grenzen warnt vor einer
> humanitärern Katastrophe.
Bild: Gemeinsamer Protest gegen Rassismus und rechte Gewalt in Thessaloniki.
BERLIN taz | Rassismus und Pogrome auf der Straße, dazu ein bankrottes
Gemeinwesen und ein Staat, der nicht helfen will: die Krise in Griechenland
bedroht zunehmend auch Flüchtlinge und Migranten, warnt die
Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF). „Durch die politische
Entwicklung in Griechenland hat sich die Lage für Menschen anderer
Hautfarbe in den letzten Monaten deutlich verschärft“, sagte
MSF-Geschäftsführer Frank Dorner am Freitag in Berlin. Vor allem Papierlose
müssten immer öfter als Sündenböcke für die desolate wirtschaftliche und
soziale Lage herhalten.
55.000 kamen im letzten Jahr nach Griechenland, darunter 6.000 unbegleitete
Minderjährige. Im ersten Quartal dieses Jahres stieg die Zahl um 30
Prozent. Die meisten der aus der Türkei Einreisenden stamme aus
Afghanistan, Irak oder Syrien, viele seien Folteropfer oder traumatisiert,
sagte Apostolos Veizis, der Leiter des medizinischen Dienstes von MSF in
Griechenland.
Seit Jahren sperrt der griechische Staat Flüchtlinge nach ihrer Ankunft
monatelang in Internierungslager. Dort werde die Lage „immer dramatischer“,
so Veizis. Die Menschen wüssten nicht, warum und wie lange sie dort
gefangen seien. Oft würden Minderjährige, Männer und Frauen zusammen in
völlig überfüllten Sammelzellen gehalten, im Winter gebe es teils keine
Heizung, im Sommer keine Klimaanlage.
Es mangele an Kleidung und Hygieneartikeln. „Das macht die Leute krank –
und es gibt meist keine Gesundheitsversorgung.“ Die EU gebe Griechenland
300 Millionen Euro zur Grenzsicherung, aber nur 10 Millionen für
Flüchtlingsnothilfe.
Doch auch nach der Freilassung sei die Lage der Papierlosen oft
katastrophal: „Wenn sie aus den Lagern raus sind, existieren sie für den
Staat nicht mehr“, sagt Veizis. Weiter in andere EU-Staaten reisen dürfen
sie nicht, sie müssten auf der Straße leben und blieben sich selbst
überlassen: „Die Migranten hatten schon vor der Krise nur im Notfall Zugang
zu Gesundheitsversorgung.“
Nun werde immer öfter selbst die Notfallversorgung verweigert. „Sogar
Komplikationen bei Schwangerschaften gelten nicht mehr als Notfall.“ Die
faschistische „Morgenröte“-Partei habe angekündigt, Migranten aus
Krankenhäusern hinauszuwerfen. Die Stimmung schlage in Pogrome und
rassistische Angriffe gegen Siedlungen von Papierlosen um, wie zuletzt in
Athen und Patras.
15 Jun 2012
## AUTOREN
Christian Jakob
## TAGS
Schwerpunkt Flucht
Griechenland
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