# taz.de -- EU und EZB bereiten sich vor: Baldrian vor griechischer Wahl | |
> Zentralbanken wollen nach der Parlamentswahl in Griechenland zur Not Geld | |
> in die Banken pumpen. Falls das Linksbündnis gewinnt, werden Turbulenzen | |
> an den Börsen befürchtet. | |
Bild: Besorgte Börsianer: Wertpapierhändler beobachten skeptisch, was in Grie… | |
BERLIN taz | Am Sonntag wählt das kleine Griechenland mit seinen elf | |
Millionen Einwohnern ein neues Parlament – und Europa und die Welt halten | |
den Atem an. Der Grund: Sollte die linksradikale Syriza-Bewegung die Wahl | |
gewinnen und den künftigen Regierungschef stellen, könnten die Finanzmärkte | |
das als Zeichen auffassen, dass Griechenland die Eurozone verlässt – was | |
weltweite Turbulenzen an den Börsen bedeuten würde. Bereits im Vorfeld der | |
Wahl versuchten Notenbanker nun, beruhigend einzugreifen – und stellten | |
Liquiditätshilfen in Aussicht. | |
Am Freitag machte Mario Draghi, Chef der Europäischen Zentralbank (EZB) in | |
Frankfurt am Main, klar: „Das Eurosystem wird zahlungsfähigen Banken weiter | |
Liquidität bereitstellen, wenn das benötigt wird.“ Während der gesamten | |
Krise habe die Europäische Zentralbank darauf geachtet, dass sich die | |
Kreditinstitute ausreichend mit Geld versorgen könnten, um die | |
Realwirtschaft zu schützen, sagte Draghi. Bereits vor wenigen Monaten habe | |
eine Geldspritze die gewünschte Wirkung erzielt. | |
Der Mechanismus: Die Zentralbank stellt den Banken hohe Kredite zu | |
niedrigen Zinsen zur Verfügung, die sie an ihre Kunden weiterreichen | |
können. Das ist nötig, wenn die Banken – aus Unsicherheit über die weitere | |
Entwicklung – einander keine Kredite mehr geben.Vor einigen Monaten hatte | |
die EZB eine Billion Euro zusätzlich zur Verfügung gestellt. Das habe dazu | |
beigetragen, eine mögliche Kreditklemme und die damit verbundenen Probleme | |
für die Konjunktur zu verhindern, so Draghi. | |
Befürchtungen, das zusätzliche Geld könnte die Inflation anheizen, hätten | |
sich nicht bewahrheitet. Auch die Inflationserwartungen hätten sich nicht | |
verändert. Draghi: „Es gibt in keinem Euroland ein Inflationsrisiko.“ Die | |
britische Zentralbank hatte am Donnerstagabend ebenfalls weitere | |
Geldspritzen angekündigt. | |
## Auch auf das Undenkbare vorbereitet | |
Auch in Brüssel laufen hinter den Kulissen Vorbereitungen, um auf einen | |
Wahlsieg der Linksradikalen in Griechenland zu reagieren. „Wir haben uns | |
technisch auf alle realistischen Szenarien vorbereitet, sogar auf das | |
Undenkbare, wie es von verantwortungsvollen Politikern erwartet wird“, hieß | |
es aus Kreisen. Die EU-Kommission hatte in dieser Woche bestätigt, dass sie | |
die rechtlichen Möglichkeiten für Maßnahmen wie Kapitalverkehrskontrollen | |
prüft. Befürchtet wird, dass die Griechen durch eine Räumung ihrer | |
Sparkonten die Banken des Landes zum Zusammenbruch bringen. | |
Telefonische Beratungen der Eurofinanzminister bereits am Wahlabend soll es | |
nach Angaben eines Eurogruppen-Vertreters aber nicht geben. EU-Diplomaten | |
hatten das zuletzt als möglich bezeichnet. Die EU will aber noch auf den | |
Wahlausgang reagieren, bevor am Montagmorgen die europäischen Börsen | |
öffnen. Das Wahlergebnis in Griechenland wird auch das Gipfeltreffen der | |
großen Industrie- und Schwellenländer (G 20) am Montag und Dienstag im | |
mexikanischen Los Cabos bestimmen. | |
Derweil wirkt sich die unsichere Situation in Griechenland auf den | |
Tourismus aus: Die Zahl der Buchungen mit Reisen nach Griechenland liege | |
deutlich unter der des Vorjahres, teilte der Reiseveranstalter TUI mit. | |
„Der Wert liegt zwar lange nicht mehr bei minus 30, aber es ist immer noch | |
ein zweistelliger Prozentbetrag“, so eine Sprecherin. | |
15 Jun 2012 | |
## AUTOREN | |
Richard Rother | |
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