# taz.de -- Griechische Parteien vor der Wahl: Sie versprechen alles | |
> Wählen die Griechen eine sparwillige Regierung oder das Chaos? Sowohl die | |
> konservative Nea Dimokratia als auch das linke Bündnis Syriza haben gute | |
> Chancen. | |
Bild: Kunst oder Ausdruck von Wut? Graffitis in Athen. | |
ATHEN taz | Wieder einmal steht Griechenland vor einem Urnengang mit völlig | |
unklarem Ausgang. Sowohl die konservative Nea Dimokratia als auch der | |
Überraschungszweite der letzten Wahl, das linke Wahlbündnis Syriza, machen | |
sich Hoffnung auf den Sieg und einen Bonus von 50 Mandaten, der damit | |
einhergeht und den Erstplatzierten zur absoluten Mehrheit verhelfen soll. | |
Laut Wahlgesetz dürfen in den letzten zwei Wochen vor der Wahl Umfragen | |
zwar durchgeführt, aber nicht veröffentlicht werden. Analysten berichten | |
von angeblichen Insider-Informationen, nach denen die Konservativen | |
zugelegt haben, doch solche Berichte sind immer mit Vorsicht zu genießen, | |
genauso wie die Wahlversprechen der Kandidaten. | |
Zwei Drittel der Wähler lehnen den Sparkurs ab, aber 80 Prozent der | |
Befragten wollen den Euro behalten. Die Parteien versprechen eben beides. | |
Besonders attraktiv erscheint das Wahlversprechen der Linkspartei Syriza: | |
Griechenland soll im Euro bleiben und den Sparkurs mit sofortiger Wirkung | |
aufkündigen, erklärt Parteichef Alexis Tsipras. | |
Sein wichtigster Gegner heißt Antonis Samaras und ist Chef der | |
konservativen Nea Dimokratia. Es ist eine Ironie der Geschichte, dass in | |
den 90er-Jahren Samaras selbst ein hoffnungsvoller „Tsipras der | |
Konservativen“ war, der es mit Ende dreißig zum Außenminister brachte, sich | |
aber immer wieder auf Maximalforderungen versteifte, bis er seinen Hut | |
nehmen musste. | |
## Undankbarer Job als Finanzminister | |
Am Sonntag bekommt der 62-Jährige eine letzte Chance, Ministerpräsident zu | |
werden, obwohl er in seiner Partei nicht unumstritten ist. Auch Samaras | |
stellt eine Neuverhandlung des Sparprogramms in Aussicht. | |
Keinem steht das Wasser so sehr bis zum Hals, wie dem Sozialistenchef | |
Evangelos Venizelos. Sein undankbarer Job als Finanzminister hat dem | |
Rechtsprofessor viele Sympathien gekostet. Beim letzten Urnengang erzielte | |
er das schlechteste Wahlergebnis der Parteigeschichte und vieles spricht | |
dafür, dass er diesmal noch schlechter abschneidet und möglicherweise zum | |
Rücktritt gezwungen wird. | |
Viel wird auch davon abhängen, wie die Neonazi-Partei „Goldene Morgenröte“ | |
abschneidet, die im Mai überraschend deutlich den Einzug ins Parlament | |
schaffte. In der letzten Woche sorgte Parteisprecher Ilias Kassidiaris für | |
einen Eklat, als er in einer Live-Talkshow eine linke Politikerin schlug, | |
einer anderen ein Glas Wasser ins Gesicht schüttete und aus dem Studio | |
floh. | |
Kommentatoren sind der Auffassung, nach diesem Zwischenfall würden viele | |
Protestwähler ihre Stimme für die Rechten überdenken. Jedenfalls sind die | |
Neonazis in den letzten Tagen besonders aktiv. In Wahlkampfreden | |
versprechen sie, in die Krankenhäuser einzumarschieren, um Immigranten | |
hinauszuwerfen und mehr Platz für Griechen zu schaffen. Viele befürchten, | |
dass dieses Wahlversprechen ausnahmsweise eingehalten wird. | |
15 Jun 2012 | |
## AUTOREN | |
Jannis Papadimitriou | |
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