# taz.de -- Kommentar Griechenland: Höher pokern | |
> Niemand will es ausprobieren – das Ausscheiden Griechenlands aus der | |
> Eurozone. Die Griechen müssen also alleine zeigen, wie sie die Krise | |
> meistern wollen. | |
Bild: Besorgte Börsianer: Wertpapierhändler beobachten skeptisch, was in Grie… | |
Sie haben die Demokratie erfunden – die Griechen. Und am Sonntag steht für | |
sie, die jahrelang mal der einen und mal der anderen Klientelpartei ihre | |
Stimme gaben, eine Schicksalswahl bevor. | |
Die großen Fragen lauten: Lässt sich Griechenland, weitere europäische | |
Solidarität erfahrend, ökonomisch einigermaßen stabilisieren und | |
gesellschaftlich erneuern? Oder stürzt Hellas, aus der Eurozone fliegend, | |
ins Chaos und auf das ökonomische Niveau Albaniens? Und zieht es damit die | |
gesamte Eurozone runter, was eine globale Rezession bedeuten würde? | |
Aus europäischer Sicht ist dabei gar nicht wichtig, welche Regierung die | |
Griechen wählen – sondern dass sie eine handlungsfähige Regierung wählen. | |
Eine, die sich mit ihren Europartnern ins Benehmen setzt und die Zusagen | |
auch einhält. Selbst die Linksradikalen könnten sich – in einer Koalition | |
mit den Sozialisten und anderen – zu einer realistischen Einschätzung der | |
Lage durchringen. | |
Hilfen kann es nur bei Gegenleistungen geben. Die Wichtigste ist hier: | |
Griechenland muss ein funktionierendes Staatswesen aufbauen, in dem die | |
Steuern bezahlt, der Immobilienbesitz registriert und die alltägliche | |
Korruption zurückgedrängt werden. | |
Auch die Linksradikalen, die zu Recht vor den sozialen Verwerfungen des | |
Spardiktats warnen, wissen, dass ein Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro | |
der schlimmste Fall für alle wäre – zuerst für die Armen in Griechenland, | |
die kein Geld haben, das sie ins Ausland schaffen könnten. Eine neue | |
griechische Regierung wird deshalb beim Verhandeln über EU-Hilfen nicht zu | |
hoch pokern. | |
Vorsicht ist aber auch bei den europäischen Partnern geboten. Denn ein | |
Staatsbankrott Griechenlands ist nicht nur für den Schuldner, sondern vor | |
allem für die Gläubiger ein Problem. Von den direkten Verlusten einmal | |
abgesehen – keiner weiß genau, welche Folgen ein Ausscheiden Griechenlands | |
aus der Eurozone hätte. Fallen dann andere Krisenländer wie Dominosteine, | |
brechen der Euro und die EU zusammen – oder ließe sich das Problem | |
eindämmen? | |
Wie gesagt, niemand weiß es, und die meisten wollen es auch nicht | |
ausprobieren. Schließlich können Krisen schnell eine böse Eigendynamik | |
entwickeln. Immerhin das haben die Griechen verstanden. Jetzt sollten sie | |
sich endlich zusammenraufen und – ganz demokratisch – zeigen, wie sie ihre | |
Krise meistern wollen. | |
14 Jun 2012 | |
## AUTOREN | |
Richard Rother | |
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