# taz.de -- Polen ist raus: „…und nun gibt es kein Morgen“ | |
> Die Hoffnung war groß, das Bangen ebenso. Aber die Polen fliegen gegen | |
> die Tschechen. Auf der Fanmeile in Warschau fallen aber nur wenig böse | |
> Worte. | |
Bild: Das hatten sich die Fans in Warschau anders vorgestellt. | |
WARSCHAU taz | Man kann nicht gerade behaupten, die Polen hätten vor dem | |
Spiel gegen Tschechien versucht, den Ball flach zu halten. Trainer Smuda | |
sagte, dies sei „das Spiel meines Lebens“, und auf der Warschauer Fanmeile | |
rund um den Kulturpalast sah man rot-weiße Basecaps, auf denen neben dem | |
üblichen „POLSKA“ noch „Wir sind alle die Nationalmannschaft“ stand. | |
Ein ganzes Land also gegen elf Tschechen, doch die waren nicht gewillt, | |
Gastgeschenke zu verteilen und [1][beendeten mit Jiraceks Tor zum 1:0 in | |
der 71. Minute die polnischen Hoffnungen] auf das Viertelfinale. | |
Denn Polen musste dieses Spiel gewinnen, alles andere half nicht weiter. | |
Wie schon im ihrem vorherigen Gruppenspiel gegen Russland begannen sie wie | |
die Feuerwehr, brachten aber wieder nichts Zählbares zu Stande. Und wie | |
ebenfalls schon in den vorherigen Spielen zu beobachten, kam der | |
anfängliche Elan später nicht mehr zurück. „Die Unsrigen spielten, als gä… | |
es kein Morgen, aber nur eine Viertelstunde lang... und nun gibt es kein | |
Morgen. Es freuen sich nur die anderen“, fasst die Zeitung Gazeta Wyborcza | |
treffend zusammen. | |
„Aus der Traum“, trauert die täglich erscheinende Sportzeitung Przeglad | |
Sportowy den verpassten Chancen von Lewandowski, Dudka und Boenisch nach. | |
Und dieses „Aus der Traum“ charakterisiert auch sehr gut die Stimmung der | |
meisten der zig tausende Fans auf den Fanmeilen in Warschau und im Stadion | |
in Breslau. | |
„Sie haben alles versucht, alles gegeben, man kann ihnen keine Vorwürfe | |
machen“, sagt Ilona, eine von drei jungen Frauen, die etwas beklommen auf | |
den Stufen am Kulturpalast in Warschau sitzen und sich erstmal eine | |
Zigarette anstecken müssen. Ob sie sich weiter für die EM interessieren | |
werden, nochmal zum Public Viewing kommen? „Na klar kommen wir wieder“ sagt | |
sie mit gespielter Entrüstung, und nach kurzem Überlegen augenzwinkernd: | |
„Vielleicht sollten wir jetzt die Tschechen unterstützen.“ | |
Auch dies prägt die Stimmung in dieser schwülen Sommernacht in Warschau, | |
die sich so gut zum Feiern bis in die Morgenstunden geeignet hätte: kein | |
böses Wort in Richtung Gegner, ganz anders als beim Duell gegen Russland. | |
## Nur ein bisschen Randale in Breslau | |
Die Sorte von Fans, die im Umfeld des Spiels gegen Russland hier in | |
Warschau für Randale gesorgt hatten, waren an diesem Abend offensichtlich | |
zum Spielort nach Breslau gereist. Aus der dortigen Altstadt sah man Bilder | |
von Scharmützeln zwischen Fans und Polizei. Einen anderen Randale-Gegner | |
gab es an diesem Abend nicht, denn zu den tschechischen Fans haben die | |
Polen ein ausgezeichnetes Verhältnis. So hielt sich alles einigermaßen im | |
Rahmen von ein paar Festnahmen und geringen Sachschaden. | |
Natürlich gibt es auch Fans, die zwar keine Steine werfen, aber neben der | |
allgegenwärtigen Enttäuschung auch einen gewisse Wut empfinden über das | |
erneute frühe Ausscheiden ihrer „Reprezentacja“. „Wstyd! Wstyd!“ (Scha… | |
Schande!) hörte man auch vereinzelt von frustriert abziehenden Anhängern in | |
rot-weiß. Diese Stimmung greift das Boulevardblatt Fakt auf mit dem Titel: | |
„Wir danken Kuba, Lewy und Przemek. Dem Rest nicht.“ | |
Und in der Tat wird heute die Diskussion darüber beginnen, warum neben den | |
drei hier genannten Blaszczykowski, Lewandowski und Torwart Tyton kaum ein | |
Spieler durchgehend zu überzeugen wußte. Trainer Smuda erklärte sofort nach | |
dem Spiel seine Mission bei der Nationalelf für beendet. Dafür musste er | |
noch nicht einmal zurücktreten, denn sein Vertrag läuft sowieso aus. | |
In Warschau, wo zeitgleich zur Tragödie von Breslau das | |
russisch-griechische Drama im Stadion Narodowy stattfand, prägten übrigens | |
weder frustrierte Russen noch enthusiasmierte Griechen die abendliche | |
Szene. Wahrscheinlich betranken sich die einen im Stillen und die anderen | |
waren zu wenige, um aufzufallen. Ein Autokorso in der Nähe des Plac | |
Grzybowski weit nach Mitternacht waren nicht die feiernden Griechen, | |
sondern eine polnische Hochzeitsgesellschaft, die Braut ganz in weiß, | |
stehend im offenen Wagen, der Brautschleier wehend im Fahrtwind. Wenn das | |
kein Zeichen ist, dass das Leben weiter geht, auch ohne Polen im | |
Viertelfinale. | |
17 Jun 2012 | |
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## AUTOREN | |
Uli Räther | |
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