# taz.de -- Warum Polen ausgeschieden ist: Mehr ging nicht | |
> Für die Polen verlief das Turnier genauso wie die Vorbereitung: Gute | |
> Ansätze hier, haarsträubende Fehler dort. Nicht vollkommen schlecht | |
> gespielt, aber auch nie geglänzt. | |
Bild: So kann das nichts werden: Die Polen sehen schon vorm Spiel aus, als hät… | |
BRESLAU taz | Maßlos enttäuscht und tief betrübt sind die Polen nach dem | |
Vorrundenaus ihrer Mannschaft bei der Europameisterschaft. Und viele sind | |
auch stinksauer. Um das frühe Ausscheiden des Teams um Kapitän Jakub | |
Blaszczykowski sportlich einordnen zu können, sollte man kurz zurückblicken | |
auf die zweieinhalbjährige Vorbereitungsphase unter Trainer Franciszek | |
Smuda. | |
Seit dem Ende der erfolglosen Qualifikation für die WM 2010 in Südafrika – | |
also seit Herbst 2009 – hatte Polen als gesetzter Gastgeber der EM 2012 nur | |
noch Testspiele zu absolvieren, in denen der Ernstfall bekanntlich nie | |
hundertprozentig simuliert werden kann. Bis auf wenige Ausnahmen durchzog | |
diese Freundschaftskicks ein großes Leitmotiv: Es war nicht sehr viel los. | |
Die Ausnahmen waren eine 0:6-Niederlage gegen Spanien im Juni 2010 und ein | |
2:2 gegen Deutschland im November 2011. | |
Ansonsten hielt die Abwehr einigermaßen, aber richtig überzeugende Siege | |
gelangen so gut wie nie. Elfmal spielte die Mannschaft remis, und so | |
unentschieden wie die Ergebnisse war auch der Eindruck von der Spielstärke | |
der Mannschaft. Gute Ansätze hier, haarsträubende Fehler dort. Und immer | |
die Frage im Hintergrund: Wie werden sich die Männer mit dem weißen Adler | |
auf der Brust im Ernstfall behaupten? Nach den drei Vorrundenspielen wissen | |
wir nun, dass die Mannschaft in der Vorbereitung ihr wahres Gesicht bereits | |
gezeigt hatte. | |
Wie in den Testspielen stand die Defensive recht solide, auch wenn die Null | |
in den drei EM-Spielen nie gehalten werden konnte. Doch drei Gegentore in | |
drei Spielen wären verkraftbar, wenn man vorne eben auch mal den | |
entscheidende Treffer mehr machen würde. Tschechien kassierte allein gegen | |
Russland vier Gegentreffer, steht nun aber im Viertelfinale. Seit der | |
Einführung der Dreipunkteregel vor nun schon einer Reihe von Jahren kann | |
man die Gruppenphase eines großen Turniers kaum überstehen, wenn man nicht | |
auch mal gewinnt. | |
## Kein kreatives Mittelfeldzentrum | |
Einen Stürmer von Format hat das polnische Team mit Robert Lewandowski | |
durchaus zu bieten, aber woran es dem Smuda-Team durch und durch gebricht, | |
ist ein kreatives zentrales Mittelfeld, das internationalen Ansprüchen | |
genügt. Weder Murawski, der mit einem grausamen Fehlpass die Tschechen zum | |
1:0 einlud, noch Obraniak oder Mierzejewski werden dieser Rolle in der | |
Nationalelf gerecht. So eilt Lewandowski weit ins Mittelfeld zurück, um | |
dort seine eigenen Chancen zu kreieren, was aus naheliegenden Gründen | |
selten gelingt. | |
Gefährlich wird es meist dann, wenn die Bälle auf der rechten Außenbahn | |
über Piszczek und Blaszczykowski in den Strafraum gespielt werden, aber | |
darauf haben sich Gegner eingestellt, wenn es keine erfolgversprechenden | |
Alternativen im Spielsystem gibt. | |
Hinzu kommen Coachingfehler. Stammtorwart Wojciech Szczesny hatte sich im | |
Frühjahr eine Schulterverletzung zugezogen und spielte die letzten | |
Saisonspiele für seinen Verein Arsenal London unter schmerzstillenden | |
Mitteln. So verbrachte Szczesny den größten Teil der EM-Vorbereitung mit | |
dem Auskurieren seiner Verletzung, aber mit der Smuda eigenen | |
Nibelungentreue zu Spielern, für die er sich einmal entschieden hat, setzte | |
dieser ihn im Eröffnungsspiel gegen Griechenland ein. | |
Dies rächte sich, denn Szczesny fehlte aufgrund seines Trainingsrückstands | |
jegliches Timing im Herauslaufen, was mit einer Roten Karte wegen Notbremse | |
endete, als der Torwart einen allein auf ihn zustürmenden Griechen plump | |
umgrätschte. | |
## Zu späte Einwechslungen | |
Dass Ersatztorwart Tyton den fälligen Elfmeter hielt, gehört zwar zu den | |
Storys des Turniers, aber zu zehnt konnte Polen gegen die ebenfalls | |
dezimierten Griechen eben nicht mehr gewinnen. Auch sorgte für Entfremden, | |
dass Nationalcoach Smuda die frischen Spieler nur sehr selten, und wenn, | |
dann erst spät einwechselt. | |
Entsprach das Auftaktspiel der Vielzahl von eher müden Kicks während der | |
Vorbereitung, so war das hart umkämpfte Unentschieden gegen Russland das | |
Spiegelbild des 2:2 gegen Deutschland im November. Über den Kampf zu | |
teilweise famosen Spielzügen gefunden, doch am Ende wieder nur einen Punkt | |
mitgenommen. Und so trocken, wie Tschechien den Konter zum 0:1 setzte, | |
hatte es auch schon Litauen bei seinem 2:0-Testspielsieg gegen Polen vor | |
mehr als einem Jahr gemacht. | |
Das polnische Team hat bei seinen Spielen im eigenen Land nicht über sich | |
hinausgewachsen. Da es zum Eigenbild der Polen gehört, genau dies in | |
Ausnahmesituationen zu können, ist die Enttäuschung doppelt groß. Doch | |
Polen braucht schlicht mehr Spieler vom Format des Dortmunder Trios. Diese | |
heranzubilden ist eine langfristige, unspektakuläre und methodische | |
Aufgabe. Für die Zukunft. | |
17 Jun 2012 | |
## AUTOREN | |
Uli Räther | |
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