# taz.de -- Fragwürdiger Aktiendeal auf Staatskosten: Mappus, die Bankermarion… | |
> Beim Kauf der EnBW-Aktien gab Investmentbanker Notheis den Takt vor. | |
> Exministerpräsident Stefan Mappus ließ sich dirigieren. Nun soll die | |
> Bankenaufsicht den Fall prüfen. | |
Bild: Duzfreund von Ex-Ländlechef Mappus: Dirk Notheis im März im Untersuchun… | |
STUTTGART taz | Bei der Aufklärung des fragwürdigen EnBW-Deals gerät der | |
Deutschland-Chef der Investmentbank Morgan Stanley zunehmend unter Druck. | |
Wie nun öffentlich wurde, spielte Dirk Notheis beim Kauf von Aktien des | |
Energiekonzerns durch das Land Baden-Württemberg eine wesentlich größere | |
Rolle als bislang bekannt. Die Grünen haben deshalb am Freitag die deutsche | |
Bankenaufsichtsbehörde BaFin gebeten, sich einzuschalten. | |
Die BaFin solle prüfen, ob Notheis noch die Voraussetzungen für seine | |
bankrechtliche Erlaubnis erfüllt. Morgan Stanley hatte dem | |
Untersuchungsausschuss nachträglich interne Schriftwechsel zukommen lassen. | |
Aus entsprechenden E-Mails geht hervor, wie sehr Notheis den damaligen | |
Ministerpräsidenten Stefan Mappus (CDU) dirigierte. | |
Er diktierte seinem Duzfreund, wann er welche Regierungsmitglieder | |
einweihen sollte, wählte für ihn Medienberater aus. Offenbar arbeitete er | |
sogar Sprachformulierungen für den Landesfürsten für Pressekonferenzen aus. | |
Gleichzeitig warnte Notheis seinen Kumpel Mappus eindringlich davor, auch | |
anderen Banken ein Mandat für das Geschäft zu erteilen („Du musst das alles | |
ablehnen!“). | |
Ende 2010 hatte Mappus 45 Prozent der Anteile am Energiekonzern EnBW vom | |
französischen Staatsunternehmen EDF gekauft. Das Land Baden-Württemberg | |
zahlte damals pro Aktie 41,50 Euro – ein Preis, der weit über dem damaligen | |
Börsenpreis lag. | |
## Lukratives Geschäft - für Morgan Stanley | |
Für Morgan Stanley war das Geschäft freilich nicht unlukrativ. 12,8 | |
Millionen Euro sind für die Bank dabei herausgesprungen. Wie der | |
Südwestrundfunk berichtet, soll Notheis nun kurz davor stehen, seinen Job | |
aufzugeben, um sich und seiner Familie eine lange öffentliche Debatte zu | |
ersparen. | |
Doch nicht nur Notheis muss um seinen Ruf bangen, auch sein Nocharbeitgeber | |
Morgan Stanley. Denn zunehmend rückt auch die Rolle des Frankreich-Chefs | |
der Bank in den Mittelpunkt, René Proglio. Dieser war ebenfalls an dem | |
Aktiendeal beteiligt – er ist der Zwillingsbruder des EDF-Chefs, Henri | |
Proglio. | |
Nun keimt bei Kennern der Materie ein pikanter Verdacht: Haben | |
Mappus-Freund Notheis und der Proglio-Bruder etwa im Doppel gespielt? In | |
einer Mail an René Proglio schrieb Notheis, der Kaufpreis sei „mehr als | |
üppig, wie wir beide wissen“. Dabei hatten Proglio und Notheis als Banker | |
von Morgan Stanley dafür Sorge zu tragen, dass der Kaufpreis aus | |
Landessicht angemessen ist. | |
Natürlich weisen die Richtlinien von Morgan Stanley darauf hin, dass ein | |
Konflikt besteht, wenn ein Mitarbeiter Familienmitglieder mit anderen | |
Interessen hat. | |
## Trennung zwischen Institution und Person | |
So fragt sich die heutige grün-rote Landesregierung, die den damaligen | |
Kaufpreis für zu hoch hält, wie es überhaupt sein konnte, dass René Proglio | |
an dem Geschäft beteiligt war. „Warum wurde der Kodex nicht angewendet?“, | |
fragte der Grünen-Abgeordnete Uli Sckerl am Freitag im | |
Untersuchungsausschuss. Ein Vorstandsmitglied von Morgan Stanley, der als | |
Zeuge geladen war, wies die Zweifel zurück. | |
René Proglio sei ein „sehr erfahrener Bankmitarbeiter, der eine Trennung | |
zwischen Institution und Person auf jeden Fall im Sinne unseres | |
Kundenkontakts durchführen kann“, sagte Kai Tschöke. Und schließlich habe | |
die Bank den „Zugang zum Letztentscheider“, also EDF-Chef Henri Proglio, | |
nutzen wollen. | |
Ob es nicht sein kann, dass der Zugang auch umgekehrt galt, dass Henri | |
Proglio Einfluss auf seinen Bankerbruder genommen hat, fragte der | |
SPD-Abgeordnete Andreas Stoch. „Das können Sie spekulieren, aber das werde | |
ich nicht kommentieren“, antwortete Tschöke. Er verteidigte zudem die | |
Bewertung des Kaufpreises. Seine Bank habe den Preis „nach allen Regeln der | |
Kunst“ bewertet. | |
Die Landesregierung hatte wegen des zu hohen Kaufpreises im Februar eine | |
Klage bei der Internationalen Handelskammer eingereicht. Sie will den | |
Vertrag für nichtig erklären lassen, um so bis zu 2 Milliarden Euro von den | |
Franzosen erstattet zu bekommen. | |
22 Jun 2012 | |
## AUTOREN | |
Nadine Michel | |
## TAGS | |
Stefan Mappus | |
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