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# taz.de -- SPD Jena will Waren aus Israel kennzeichnen: Bitterer Nachgeschmack
> Der SPD-Oberbürgermeister von Jena unterstützt einen Aufruf von Pax
> Christi: Waren aus israelischen Siedlungen in Palästina zu kennzeichnen.
> Dafür steht er jetzt in der Kritik.
Bild: Steht in der Kritik: Jenas SPD-Oberbürgermeister Albrecht Schröter.
BERLIN taz | Weil er einen Aufruf der katholischen
Menschenrechtsorganisation Pax Christi unterstützt, die eine
Kennzeichnungspflicht von Produkten aus israelischen Siedlungen fordert,
hat Jenas SPD-Oberbürgermeister Albrecht Schröter viel Ärger auf sich
gezogen.
Im Internetblog des Publizisten Henryk M. Broder, „Achse des Guten“, und in
Springers Welt wurde ihm vorgeworfen, einem Israelboykott das Wort zu
reden, und ein besonders rühriger Broder-Freund unterstellte Schröter in
der nationalistischen israelischen Zeitung Jerusalem Post „Antisemitismus“.
Die Protestbriefe, die der 57-jährige Politiker seitdem aus dem gesamten
Bundesgebiet erhält, füllen inzwischen ganze Aktenordner.
## Ironisch: Die EU ist auf Seite der Jenaer SPD
Zudem sah sich das Stadtoberhaupt gezwungen, seine Facebookseite
abzuschalten und Anzeige gegen unbekannt zu erstatten, weil ihm die
Beschimpfungen im Netz zu viel wurden. Die Ironie dieser Affäre ist, dass
Schröter in dieser Sache eine in der EU gängige Position vertritt. Denn
dass die israelischen Siedlungen dem Völkerrecht nach illegal sind, ist
internationaler Konsens.
In der EU sind sich viele Staaten längst einig, dass Produkte aus
israelischen Siedlungen besonders gekennzeichnet sein müssten. Die
Verbraucher werden dadurch in die Lage versetzt, selbst zu entscheiden, ob
sie Produkte aus den umstrittenen Gebieten kaufen oder nicht.
Großbritannien verlangt diese Kennzeichnung bereits seit längerer Zeit, in
Skandinavien ist Dänemark kürzlich nachgezogen.
## „Besatzung schmeckt bitter“
Mit seinem Aufruf „Besatzung schmeckt bitter“ fordert Pax Christi, dass
sich die Bundesrepublik diesen Ländern anschließt. Das ist vielleicht auch
der Grund, warum die Kritik an Schröter jetzt so scharf ausfällt. Denn die
EU-Außenminister haben Israel erst im Mai eine Frist gesetzt, den
Siedlungsbau einzustellen und ein Zeichen für einen friedlichen Ausgleich
mit den Palästinensern zu setzen.
Sonst, so drohten die versammelten Minister, werde man zu gemeinsamen
Strafmaßnahmen wie etwa der Kennzeichnungspflicht israelischer Produkte
greifen.
Natürlich kann man sich fragen, ob es zu den Aufgaben eines deutschen
Bürgermeisters gehört, sich zu außenpolitischen Fragen zu äußern. Und dass
der Nahostkonflikt in Deutschland ein besonders vermintes Gelände ist,
musste schon der Linkspartei-Politiker Helmut Dierkes in Duisburg vor drei
Jahren erfahren: Nachdem er sich öffentlich für einen Boykott israelischer
Produkte ausgesprochen hatte, musste er als Oberbürgermeisterkandidat
seiner Partei zurücktreten.
## CDU: Lieber Lokal-Nazis bekämpfen statt Menschenrechte verfechten
Schröter beeilte sich deswegen, rasch klarzustellen, dass es ihm keineswegs
um eine generelle Ablehnung israelischer Produkte gehe – sondern eben nur
um die Pflicht zur Deklarierung, ob sie aus illegalen Siedlungen stammen
oder nicht.Besonders geschmerzt haben muss es Schröter, dass die
CDU-Politikerin Vera Lengsfeld, mit der er früher in der
DDR-Bürgerrechtsbewegung war, ihn aufforderte, sich lieber um die Nazis in
seiner Stadt kümmern.
Tatsächlich haben die Taten der Thüringer Terrorzelle, die ursprünglich aus
Jena stammt, die Stadt in ein schlechtes Licht gesetzt. Doch Schröter
engagiert sich seit Jahren gegen den Rechtsextremismus in der Region und
hat die Szene erfolgreich eingedämmt. Für seinen Einsatz wurde er deshalb
im vergangenen Jahr – unter anderen von der Jüdischen Gemeinde in Berlin –
mit einem „Preis für Zivilcourage“ ausgezeichnet.
## Wer palästinensiche Zustände kennt, kann als Humanist nicht tatenlos
bleiben
Auch den Kampf gegen Antisemitismus nimmt Schröter ernst. Er hat ein Buch
über „Juden in Jena“ herausgegeben und dafür gesorgt, dass in seiner Stadt
öffentlich an Verbrechen der NS-Zeit erinnert wird. Sein Einsatz für die
Rechte der Palästinenser rührt daher, dass er die Region oft bereist hat
und die Verhältnisse vor Ort gut kennt.
Als ihm die Kampagne über den Kopf zu wachsen drohte, setzte sich Schröter
deshalb mit der Deutsch-Israelischen Gemeinschaft in Erfurt und der
Jüdischen Landesgemeinde Thüringen in Verbindung. Zusammen verfassten sie
eine Erklärung, mit der sie sich gegen die Anwürfe gegen Jenas
Oberbürgermeister verwahrten. Die Erklärung hat die Wogen etwas geglättet.
29 Jun 2012
## AUTOREN
Daniel Bax
## TAGS
Schwerpunkt Überwachung
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