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# taz.de -- Kommentar Antisemitismusvorwürfe: Empörung mit Routine
> Das Unrecht, das Israel in der Westbank anrichtet mit Nazi-Politik zu
> vergleichen, führt zu nichts. Druck auf die Netanjahu-Regierung wird nur
> über sachliche und präzise Kritik erreicht.
Wenn Deutsche Kritik an Israel üben, müssen sie genauer reden als sonst.
Das Unrecht, das Israel in der Westbank anrichtet, etwa mit
Nazi-Assoziationen zu metaphorisieren, zeigt nicht nur einen Mangel an
historischem Verstand und Herzensbildung. Es ist auch der sicherste Weg,
jene Empörungsroutinen auszulösen, die wiederum verhindern, was nötig ist –
nämlich internationalen Druck auf die engstirnige Netanjahu-Regierung zu
mobilisieren.
Das vermag, wenn überhaupt, nur sachliche, präzise Kritik. Das
Grass-Gedicht zeigte modellhaft, wozu hochfahrende, selbstreferenzielle
Polemik führt: zu nichts.
Vollkommen anders liegt der Fall des Jenaer Bürgermeisters Albrecht
Schröter, der eine Kampagne für die Kennzeichnung von Waren aus den
besetzten Gebieten in der EU unterstützt.
Es geht wohlgemerkt nicht um einen Boykott, schon gar nicht von Waren aus
Israel. Es geht einzig darum, Konsumenten in die Lage zu versetzen zu
erkennen, was sie kaufen.
Schröter ist deswegen zur Zielscheibe der üblichen Allianz aus Henryk
Broder und ein paar reaktionären Netanjahu-Fans geworden, die ihn sogar als
Antisemiten beschimpfen. Ist das schändlich oder einfach nur lächerlich?
Vielleicht ist dieses schrille Empörungstremolo indes Anzeichen einer
Verunsicherung der Netanjahu-Fans. Denn die EU ist drauf und dran, die
Kennzeichnungspflicht für Produkte aus israelischen Siedlungen in Palästina
zu beschließen.
Bislang hat Deutschland dies blockiert – doch auch im Auswärtigen Amt reift
die späte Erkenntnis, dass Netanjahu, wenn überhaupt, nur auf Druck
reagiert.
Der Skandal ist nicht, was Jenas Bürgermeister getan hat. Der Skandal ist
das achselzuckend hingenommene fortwährende Besatzungsregime.
29 Jun 2012
## AUTOREN
Stefan Reinecke
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