| # taz.de -- Als Volunteer bei der EM: Zerstörte Stereotype | |
| > Die EM hinterlässt bei den Volunteers in der Ukraine einen schalen | |
| > Beigeschmack. Und bei unserer Autorin das Gefühl, manchmal unnütz gewesen | |
| > zu sein. | |
| Bild: Zu auffällige Forderungen nach Freilassung von Julia Timoschenko wurden … | |
| Ungefähr 96 Stunden habe ich in diesem Sommer als Volunteer gearbeitet. Den | |
| Staat hat das einiges gekostet: die Uniformen, Verpflegung und eine | |
| Monatskarte für öffentliche Verkehrsmittel. Ich wäre so gern nützlich | |
| gewesen und hätte dieses Geld abgearbeitet, doch das hat nicht immer | |
| geklappt. | |
| Wie zu erwarten, kamen in die Ukraine weniger Touristen als geplant. Das | |
| fiel natürlich auch den Volunteers auf. Oft haben uns Ukrainer gefragt, wie | |
| viel wir verdienen. Als sie hörten, dass wir sechs Stunden am Tag umsonst | |
| arbeiten, bezeichneten sie uns als verrückte Altruisten. Dieser Meinung | |
| schließe ich mich an. An einigen Tagen bat mich kein einziger Ausländer um | |
| Hilfe – also reine Zeitverschwendung! | |
| Die Volunteers arbeiteten immer in Zweiergruppen. Besonders für die Frauen | |
| war das wichtig. Denn manche Ausländer verstanden auch auf Englisch nicht, | |
| dass die Ukraine kein großer Puff ist. Doch ehrlich gesagt, solche Fälle | |
| waren eher selten. Mir hat die Kultur der Fans gut gefallen – ihre | |
| Utensilien, ihre Stimmung und ihre Lieder. Viele Ukrainer glaubten, dass | |
| die Fans grobe, ungehobelte und unhöfliche Kerle seien. Auch die Kiewer | |
| hatten am Anfang Angst vor Vandalismus und vor Fans, die alles kurz und | |
| klein schlagen, was ihnen im Weg ist. Doch der Fußball hat alle vereint und | |
| Stereotype zerstört. | |
| Die Ausländer fanden es interessant, sich mit großen Plakaten „Free Julia!�… | |
| im Zeltlager der Timoschenko-Anhänger auf der Fanmeile fotografieren zu | |
| lassen. Für mich und viele andere Ukrainer war es erstaunlich, wie gut | |
| unsere Gäste über den Fall der Oppositionsführerin informiert waren. Uns | |
| Volunteers wurden keine politischen Fragen gestellt. | |
| ## Erinnerung an Sowjetzeiten | |
| In privaten Gesprächen fanden es die Ausländer bemerkenswert, dass die | |
| Ukrainer, obwohl so schwere Menschenrechtsverletzungen stattfänden, ruhig | |
| ins Stadion gingen, während ihre Politiker aus diesem Grund den Spielen in | |
| der Ukraine ferngeblieben seien. Der Übersetzer in dem Zeltlager erzählte, | |
| dass die Briten den Boykott ihrer Politiker unterstützten. Einer sagte | |
| sogar, er werde künftig nur noch für Parteien stimmen, die vor solchen | |
| Maßnahmen nicht zurückschrecken. | |
| Demütigend finde ich, dass die Staatsmacht den Erfolg der EM sich selbst | |
| zugutehält. Wie sah es denn für uns Volunteers aus? Die Reihen unwilliger | |
| Volunteers wurden durch Englischlehrer und Philologiestudenten geschlossen, | |
| denen der Rauswurf aus ihrem Wohnheim angedroht wurde. | |
| Unser Treffen einen Monat vor der EM glich eher einer Versammlung des | |
| Komsomol zu Sowjetzeiten. Niemand durfte den Saal verlassen, unbequeme | |
| Fragen waren ebenfalls nicht willkommen. Und dennoch: Trotz dieser strikten | |
| und strengen Organisation gab es in Kiew viele Volunteers, die mit Spaß und | |
| Engagement ihre Arbeit machten und sogar noch an ihren freien Tagen | |
| Gratisexkursionen für die Fans organisierten. Ja und wo, fragt man sich, | |
| ist der Beitrag der Staatsmacht? | |
| Die EM ist vorbei – mir bleiben meine Uniform, ein Zertifikat über meine | |
| Tätigkeit und einige Fotos. Doch alles in allem: Es war ein gigantisches | |
| Fest. Ich möchte nur zu gern daran glauben, dass bei dem ein oder anderen | |
| auch irgendetwas davon hängen bleiben wird. | |
| 2 Jul 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Viktoria Bilasch | |
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