# taz.de -- Fußballnachwuchs in der Ukraine: Dribbling auf Sand und Sägespän… | |
> Der Kiewer Verein FK Sirka hofft nach der EM auf Geld, um seine Anlage zu | |
> modernisieren. Noch sind die Bedingungen viel zu schlecht, um zu | |
> trainieren. | |
Bild: Bleibt der Spaß, auch wenn die Uefa wieder weg ist? | |
KIEW taz | An der spanischen Nationalmannschaft fasziniert sie die | |
Spieltaktik, ihre Idole heißen Lionel Messi und Cristiano Ronaldo. | |
Überhaupt: Fußball ist für sie das Größte. „Es ist dieses | |
Gemeinschaftsgefühl, das mir so gefällt“, sagt Slavik Schukov. „Und die | |
Riesenfreude über jeden Sieg, der dich fester mit deiner Mannschaft | |
verbindet“, sagt Nikita Zagumenny. Die beiden 15-jährigen Kiewer spielen | |
Fußball, seit sie sieben Jahre alt sind. Sie trainieren beim [1][FK Sirka] | |
in einem der beiden U15-Teams täglich anderthalb Stunden – Nikita stürmt | |
und Slavik verteidigt. | |
Allein in der ukrainischen Hauptstadt gibt es rund 70 Vereine für den | |
Fußballnachwuchs, der FK Sirka ist einer der drei größten. Rund 400 Kinder | |
und Jugendliche von sieben bis 17 Jahren kicken auf dem Areal in der | |
General-Vitruk-Straße in Swjatoschin, einem Kiewer Außenbezirk, unter der | |
fachkundigen Anleitung von acht Trainern. | |
Wolodymir Masepa, Präsident des FK Sirka, residiert in einem Arbeitszimmer | |
mit Flachbildschirm, allerlei Uefa-Kitsch wie einem vergoldeten | |
Miniaturpokal sowie Dutzenden von Medaillen, Wimpeln und Pokalen. Eine der | |
Trophäen ist vom Trainer der ukrainischen Nationalmannschaft, Oleg Blochin, | |
höchstpersönlich signiert. Der 48-Jährige mit grau meliertem Haar, Anzug | |
nebst Krawatte und einer schweren Armbanduhr platzt fast vor Stolz, als er | |
die die elfjährige Vereinsgeschichte Revue passieren lässt. | |
Zahlreiche Turniere, auch im Ausland, hätten die Jungs schon gewonnen und | |
auch in den ukrainischen Ligen immer vordere Plätze belegt. Einige | |
ehemalige Sirka-Schützlinge spielten jetzt bei Schachtjor Donetsk oder in | |
russischen Mannschaften. Die Anlage von Sirka könne sich im Vergleich mit | |
anderen schon sehen lassen, aber „die Trainingsbedingungen könnten besser | |
sein“, sagt Mazepa. Könnten, wenn es dafür Geld gäbe. | |
## Fußball ist sein Leben | |
Der Verein finanziert sich aus Mitgliedsbeiträgen, Sponsorengeldern und | |
Spenden der Eltern. Und aus der Privatschatulle von Mazepa. Seit den 90er | |
Jahren betreibt er ein „Business“, war von 2002 bis 2010 Bürgermeister von | |
Swjatoschin und widmet sich seitdem wieder ausschließlich seinen Geschäften | |
und dem FK Sirka. Wie hoch sein Obolus ist, will er nicht sagen, nur so | |
viel: Die monatlichen Kosten belaufen sich auf umgerechnet 20.000 Euro. | |
„Aber Fußball, das ist mein Leben“, sagt Mazepa, und ohnehin ginge es ja | |
nicht nur um das Spiel. „Wir wollen hier auch die Kinder erziehen, damit | |
sie ordentliche Menschen werden.“ | |
Was Mazepa mit besseren Trainingsbedingungen meint, macht ein kurzer | |
Rundgang über die Anlage klar. Neben einem Fußballplatz mit natürlichem | |
Grasbewuchs in Standardgröße gibt es ein kleineres Spielfeld mit einem | |
Kunstrasen und ein weiteres, das mit Sand und Sägespänen bedeckt ist, | |
ebenfalls in Normgröße. „Hier normal zu trainieren, ist fast unmöglich“, | |
sagt Alexander Toptschij, der seit acht Jahren bei Sirka die beiden | |
U15-Mannschaften betreut. | |
Naturrasen sei wegen der klimatischen Bedingungen in der Ukraine sehr | |
aufwendig zu pflegen, deshalb müsse Kunstrasen her, doch der sei sehr | |
teuer. Doch anders könne man den Nachwuchs nicht besser ausbilden und damit | |
auch nicht an europäische Standards heranführen. Denn das bedeute, ganz | |
intensiv an der Technik zu arbeiten. „Die Jungs brauchen mehr Unterhaltung | |
mit dem Ball, anstatt bei Minusgraden stumpfsinnig im Kreis herumzulaufen“, | |
sagt Toptschij. | |
## Hoffen auf den Staat und Investoren | |
Vor allem in dieser Hinsicht sind seine Erwartungen an das, was durch und | |
nach der EM kommen könnte, hoch. „Vielleicht investiert der Staat künftig | |
mehr in die Infrastruktur. Und vielleicht finden sich auch potenzielle | |
Investoren aus dem Ausland, die sich engagieren wollen“, sagt er. | |
Doch seine Hoffnungen gehen auch noch in eine andere Richtung. „Hier bei | |
uns in der Ukraine gibt es viele talentierte Spieler. Doch Europa hat den | |
ukrainischen Fußball noch nicht auf der Rechnung. Das könnte sich nach der | |
EM ändern, wo doch jetzt so viele Fußballfunktionäre hier waren. Ich würde | |
jedenfalls gerne einen jungen Spieler abgeben, damit er in Europa ein Star | |
wird“, sagt er. | |
Von einer großen Fußballerkarriere träumen auch Slavik und Nikita. „Ich | |
werde auf jeden Fall weiterspielen. Mal sehen, was so kommt. Vielleicht | |
schaffe ich den Sprung zu Dynamo Kiew“, sagt Nikita. Slavik hat größere | |
Ambitionen. „Ich will ein Profi werden“, sagt er. „Nicht nur in der Ukrai… | |
sollen mich die Menschen kennen. Ich will überall bekannt werden.“ | |
3 Jul 2012 | |
## LINKS | |
[1] http://fk-zirka.at.ua/ | |
## AUTOREN | |
Barbara Oertel | |
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