# taz.de -- Ökonomisch sinnvolle Fotovoltaikmodelle: Backen, wenn die Sonne sc… | |
> Wer den Solarstrom vom eigenen Dach stets selbst nutzen kann, braucht | |
> schon heute keine staatliche Förderung mehr. Denn der Sonnenstrom ist | |
> letztlich günstiger. | |
Bild: Fotovoltaik ist nur dort auf Einspeisevergütungen angewiesen, wo der Str… | |
FREIBURG taz | Die Fotovoltaik hat es geschafft: Es gibt heute erste | |
Konstellationen, in denen der Solarstrom bereits ohne staatliche Förderung | |
auch in Deutschland wirtschaftlich nutzbar ist. Nämlich dann, wenn der | |
Anlagenbetreiber die Energie vom Dach zu einem großen Anteil selbst nutzen | |
kann. | |
Denn dann spielen Einspeisevergütungen keine Rolle mehr, und der | |
kalkulatorische Wert der erzeugten Kilowattstunde entspricht dem Preis des | |
verminderten Stromeinkaufs. Das betrifft nun vor allem das Gewerbe, denn wo | |
tagsüber gearbeitet wird, kann der Strom oft komplett im Betrieb verwertet | |
werden. | |
„Jede Fabrikhalle schreit danach, für die Fotovoltaik genutzt zu werden“, | |
sagt Philipp Tiefenbach, Bäcker im württembergischen St. Johann-Würtingen. | |
Er selbst hat eine Solarstromanlage mit 25 Kilowatt Leistung auf seinem | |
Gewerbedach installiert und versucht nun, möglichst viel des Stroms im | |
eigenen Betrieb zu nutzen. | |
Dabei ist eine Bäckerei noch nicht einmal die günstigste Branche für solch | |
ein Projekt, weil hier schon vor Sonnenaufgang viel gebacken wird. | |
Gleichwohl ist selbst hier einiges möglich: Tiefenbach hat interne Prozesse | |
umgestellt, um den Eigenverbrauch zu erhöhen und weniger Strom aus dem | |
allgemeinen Netz einkaufen zu müssen. | |
## Nutzungsvorteil durch große Dächer | |
So wird in dem Unternehmen heute mehr als früher erst am Vormittag | |
gebacken, wenn schon die Sonne scheint. Die Kalkulation ist einfach: | |
Tiefenbach bezahlt als Gewerbekunde für seinen Strom aus dem Netz rund 20 | |
Cent plus Mehrwertsteuer. Da er dank Fotovoltaik weniger Strom aus dem Netz | |
kaufen muss, ist jede genutzte Kilowattstunde Solarstrom vom Dach folglich | |
20 Cent wert. | |
Und selbst für Großbetriebe, die oft nur 15 Cent je Kilowattstunde | |
bezahlen, kann die Rechnung inzwischen aufgehen. Denn sie haben | |
andererseits auch den Vorteil, dass sie über große Dächer verfügen, was | |
auch die Solarstromerzeugung häufig noch günstiger macht. | |
Produziert die Fabrik den ganzen Tag, im Idealfall sogar sieben Tage die | |
Woche, kann sie folglich schon heute wirtschaftlich Solarstrom erzeugen – | |
ohne Förderung. Längst zeigt sich damit auch in der Praxis, dass der | |
Vergleich des Solarstrompreises mit dem Börsenstrompreis von rund 5 Cent | |
nicht angemessen ist. | |
Denn wer den dezentral erzeugten Solarstrom selbst verbraucht, spart sich | |
ja auch noch die Transportkosten des Stroms, die sich in den Netzentgelten | |
widerspiegeln und Teil des Endkundenpreises sind. Diese neue Welt einer aus | |
sich selbst heraus rentablen Fotovoltaik wird in den nächsten Jahren immer | |
weitere Kreise erfassen. | |
## Teure Batteriespeicher | |
Denn die Strompreise werden weiter steigen, die Preise der Solaranlagen | |
weiter sinken. Im ersten Quartal 2012 kostete eine durchschnittliche Anlage | |
nach Zahlenangaben der Branche nur noch 1969 Euro pro Kilowatt, vor fünf | |
Jahren war es noch mehr als das Doppelte – und die Entwicklung in diese | |
Richtung wird noch weitergehen. | |
Somit ist die Fotovoltaik ab sofort nur noch dort auf Einspeisevergütungen | |
angewiesen, wo der Strom nicht oder nur zu geringem Anteil vor Ort sofort | |
nutzbar ist. Das betrifft eben noch viele Wohnhäuser. Wer tagsüber außer | |
Haus ist und erst am Abend heimkommt, kann kaum einen großen Anteil des | |
Stroms selbst nutzen. | |
Mit Stromspeichern lässt sich nun zwar auch in Privathäusern der | |
Eigenverbrauch deutlich steigern, der große Haken allerdings, zumindest im | |
Moment, ist der Preis. Denn legt man die Investitionskosten für einen | |
Batteriespeicher auf die oft auf nur wenige tausend Ladezyklen beschränkte | |
Lebensdauer um, ergeben sich Speicherkosten um 50 Cent je Kilowattstunde. | |
## „Wettbewerbsvorteil“ | |
Attraktiv kann das daher bislang nur aus anderen Gründen sein, etwa um | |
höhere Versorgungssicherheit für den Fall eines Stromausfalls zu schaffen, | |
oder schlicht, um das gute Gefühl zu haben, rund um die Uhr eigenen | |
Sonnenstrom nutzen zu können. | |
Für Bäcker Tiefenbach ist der ökonomische Vorteil klar: „In etwa 13 Jahren | |
hat sich meine Fotovoltaikanlage bezahlt gemacht“, sagt er, „und dann habe | |
ich kostenlosen Strom vom Dach – und somit einen Wettbewerbsvorteil.“ | |
7 Jul 2012 | |
## AUTOREN | |
Bernward Janzing | |
## TAGS | |
Erneuerbare Energien | |
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