| # taz.de -- Kommentar Meldegesetz: Schlimmer als Facebook | |
| > Mit dem neuen Meldegesetz ist das Grundrecht auf informationelle | |
| > Selbstbestimmung, das Recht, selbst zu entscheiden, was mit den eigenen | |
| > Daten passiert, dahin. | |
| Bild: Je weniger Fehler in einem Datensatz, desto wertvoller ist er für die Un… | |
| Daten sind Gold wert. Das ist spätestens klar, seit das soziale Netzwerk | |
| Facebook einen Milliardengewinn vermeldet, der auf nicht viel mehr basiert | |
| als auf der ziemlich schlauen Nutzung von persönlichen Daten der User. Und | |
| grundsätzlich gilt: Je weniger Fehler in einem Datensatz, desto wertvoller | |
| ist er für die Unternehmen, die ihn nutzen oder weiterverkaufen. | |
| Datensätze von Meldeämtern, die sie nach dem bereits vom Bundestag | |
| beschlossenen Gesetz künftig zu Werbezwecken verkaufen dürfen, wären zwar | |
| besonders teuer für den Käufer, aber auch besonders wertvoll. | |
| Eine Meldebehörde kann an Daten zwar längst nicht so viel verkaufen, wie | |
| Adresshändler zum Teil anbieten. Name, gegebenenfalls Titel, Anschriften, | |
| also Haupt- und Nebenwohnsitz, da endet die einfache Auskunft bereits. Doch | |
| schon aus den Informationen Titel und Wohnort können Unternehmen | |
| interessante Rückschlüsse auf die mutmaßliche Kaufkraft ziehen – für | |
| Werbetreibende eine zentrale Information. Und wenn sich die Daten | |
| ausreichend häufig weiterverkaufen lassen, ist die einmalige Investition | |
| für die Abfrage beim Meldeamt schnell wieder drin. | |
| Abliefern von Daten, Fehlen von Kontrolle, Werbung – das waren kürzlich | |
| auch die Zutaten einer Diskussion über ein ganz bestimmtes Unternehmen. | |
| Genau, Facebook, und damals empörte sich sogar die | |
| Verbraucherschutzministerin über die neue Timeline-Funktion, die das | |
| Verraten von noch mehr Persönlichem attraktiv machen soll, und forderte | |
| Datensparsamkeit. Verbraucher sollten sich genau überlegen, ob sie sich bei | |
| dem Netzwerk anmelden und welche Informationen sie dort hinterlassen. | |
| Schade, dass sich die Bürgerinnen und Bürger diese Forderung der Ministerin | |
| bei der aktuellen Diskussion nicht zu Herzen nehmen können: Denn während | |
| bei einem sozialen Netzwerk jeder selbst entscheidet, welche Daten er – | |
| korrekt – angibt und welche er der Werbewirtschaft nicht zur Verfügung | |
| stellt, gibt es bei den Meldedaten keine Wahl. Jeder muss, etwa nach einem | |
| Umzug, die neuen Daten mitteilen. Sonst riskiert er ein Bußgeld. | |
| Werden diese Daten nun zu Werbezwecken verkauft und hat der Bürger keine | |
| Möglichkeit zu widersprechen, ist das Grundrecht auf informationelle | |
| Selbstbestimmung, das Recht, selbst zu entscheiden, was mit den eigenen | |
| Daten passiert, dahin. | |
| 9 Jul 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Svenja Bergt | |
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