# taz.de -- Regierung distanziert sich vom Meldegesetz: Das eigene Gesetz ist d… | |
> Erst hat sie das umstrittene Meldegesetz verabschiedet, nun kritisiert | |
> die schwarz-gelbe Koalition den eigenen Entwurf. Die Schuld schiebt sie | |
> auf die CSU. | |
Bild: Hände hoch: Union und FDP stimmten vor knapp zwei Wochen für das Gesetz. | |
BERLIN dpa | Die Bundesregierung will die Verschärfungen des umstrittenen | |
Meldegesetzes wieder rückgängig machen. Die Regierung, die den | |
Gesetzesentwurf eingebracht hatte, habe zwar keinen Einfluss mehr auf das | |
weitere parlamentarische Verfahren. Sie hoffe aber, dass er doch noch | |
geändert werde, und der Datenschutz darin einen größeren Raum erhalte, | |
machte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin deutlich. Im | |
September muss der Bundesrat dem Gesetz noch zustimmen. Mehrere Länder | |
haben bereits Widerstand gegen die jetzige Fassung angekündigt. | |
Die Verschärfungen im Innenausschuss sind nach Darstellung aus | |
Koalitionskreisen „auf ausdrücklichen Wunsch der CSU zustande gekommen“. | |
Danach war das Bundesinnenministerium auch stets in die Gespräche | |
eingebunden und habe sogar Formulierungshilfe geleistet. Opposition und | |
Datenschützer hielten Schwarz-Gelb vor, im Interesse der Adresshändler | |
gehandelt zu haben. | |
In der ursprünglichen Gesetzesfassung der Bundesregierung war vorgesehen, | |
dass die Bürger der Weitergabe persönlicher Daten durch die Meldebehörden | |
ausdrücklich zustimmen mussten (Einwilligungserklärung). In der | |
verschärften Fassung muss nun der Bürger von sich aus Widerspruch einlegen | |
(Widerspruchserklärung). | |
In der Koalition zeigte man sich entsprechend irritiert über die Kritik der | |
CSU-Spitze an den Änderungen und deren offensichtlich unterschiedlichen | |
Bewertungen innerhalb der CSU. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums | |
unterstrich, dass die jetzige, geänderte Regelung immer noch eine | |
Verbesserung gegenüber der geltenden Rechtslage in den Ländern sei. | |
## Die CSU ist doch dagegen | |
Der CSU-Chef, Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer, sowie | |
Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) kündigten an, das verschärfte | |
Meldegesetz zu stoppen. „Wenn das stimmt, was ich bisher weiß, dann wird | |
Bayern dem nicht zustimmen“, sagte Seehofer in München. Aigner sagte mit | |
Blick auf die Bundesratsberatungen über das Gesetz: „Bayern kann hier seine | |
Stimme erheben - und dafür werde ich auch werben.“ Aigner unterstrich, dass | |
der zuständige Ausschuss das von der Regierung vorgelegte Gesetz ohne | |
Rücksprache geändert und verschärft habe. | |
Der CSU-Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich verteidigte dagegen das | |
neue Meldegesetz gegen Kritik von Opposition und Datenschützern. Wer sich | |
„inhaltlich“ mit dem neuen Gesetz auseinandersetze und dieses mit den | |
Meldegesetzen der Länder vergleiche, der werde feststellen, dass der | |
Datenschutz gegenüber der jetzigen Rechtslage verbessert werde. „Dann legt | |
sich die Aufregung vielleicht ein bisschen.“ Das werde auch der Bundesrat | |
in seinen Beratungen feststellen. „Ich warne vor Schnellschüssen“, sagte | |
der Minister, dessen Haus den Gesetzentwurf in seiner ursprünglichen | |
Fassung vorgelegt hatte. | |
Der innenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, Michael Hartmann, | |
kritisierte, mit dem „neuen Meldegesetz habe die schwarz-gelbe Koalition | |
dem Datenschutz einen schweren Schlag versetzt. Die schwarz-gelbe Koalition | |
hat einseitig die Interessen der Adresshändler bedient, zulasten aller | |
Bürgerinnen und Bürger.“ Ähnlich argumentierte der Bundesbeauftragte für | |
Datenschutz Peter Schaar. Er warf Schwarz-Gelb im Deutschlandfunk | |
Klientelpolitik vor. | |
9 Jul 2012 | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Überwachung | |
Schwerpunkt Überwachung | |
Schwerpunkt Überwachung | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Hans-Peter Uhl und das Meldegesetz: Fachmann für Dementis | |
Hans-Peter Uhl, CSU, zeichnet verantwortlich für die umstrittene Änderung | |
des Meldegesetzes. Aber wenn es sein muss, nimmt der Hardliner auch mal was | |
zurück. | |
Campact-Aktivist über Meldegesetz-Petition: „Fast wie Fukushima“ | |
Felix Kolb vom Kampagnennetzwerk Campact über den Erfolg der | |
Unterschriftensammlung für eine Online-Petition gegen das geplante | |
Meldegesetz. | |
Neues Meldegesetz im Hauruckverfahren : Die verdächtige Eile der Koalition | |
Der CSU-Politiker Hans-Peter Uhl verteidigt die Hauruck-Novelle. Es gehe | |
ihm nur um eine Entlastung der Ämter. Datenschützer sehen nur | |
Wirtschaftsinteressen umgesetzt. | |
Kommentar Meldegesetz: Spaßguerilla Schwarz-Gelb | |
Neuerdings distanziert sich die Regierung von Gesetzen, die Union und FDP | |
im Bundestag beschlossen haben. Das wäre lustig, wenn Wahlkampf herrschte | |
und Ablösung in Sicht wäre. | |
Umstrittene Abstimmung um Meldegesetz: Der Bundestag verstimmt sich | |
Wie das Meldegesetz eines Abends mit ungewöhnlicher Eile durchs Parlament | |
gepeitscht wurde – und sich einige wie die Axt im Walde dabei benahmen. | |
Geschäfte mit persönlichen Daten: 110 Euro für 1.000 Katholiken | |
Alter, Geschlecht, Familienstand – der Verkauf von Kundendaten an | |
Unternehmen ist lukrativ. Vor allem, weil sie beliebig oft | |
weiterverscherbelt werden können. | |
Kommentar Meldegesetz: Schlimmer als Facebook | |
Mit dem neuen Meldegesetz ist das Grundrecht auf informationelle | |
Selbstbestimmung, das Recht, selbst zu entscheiden, was mit den eigenen | |
Daten passiert, dahin. | |
Konflikt um Meldegesetz: Opposition will Blockade organisieren | |
Ein während der Fußball-EM beschlossenes Gesetz ermöglicht Adressenhändlern | |
den Ankauf von Meldedaten. SPD und Grüne wollen die Neuerung im Bundesrat | |
kippen. |