# taz.de -- Geschäfte mit persönlichen Daten: 110 Euro für 1.000 Katholiken | |
> Alter, Geschlecht, Familienstand – der Verkauf von Kundendaten an | |
> Unternehmen ist lukrativ. Vor allem, weil sie beliebig oft | |
> weiterverscherbelt werden können. | |
Bild: Wem gehören diese Hände? In diesem Fall Teilnehmern am Katholikentag. | |
BERLIN taz | Kundenkarten, Gewinnspiele, Preisausschreiben – all das hat | |
für die Unternehmen einen Zweck: das Sammeln persönlicher Daten. Dabei sind | |
für die Wirtschaft all die Informationen interessant, die dabei helfen, | |
Werbung besser auf den Kundschaft zuzuschneiden oder sie über Angebote zu | |
informieren: Alter, Geschlecht, Familienstand, Wohnort, E-Mail-Adresse, | |
Telefonnummern, Kleidergröße, bisherige Einkäufe. Je mehr Details, desto | |
besser. | |
Doch Werbung ist nur einer der Verwendungszwecke. Der andere ist der | |
Verkauf der Daten. Unternehmen, die Informationen über Kundenkarten oder | |
auch beim Online-Einkauf gewinnen, veräußern sie an sogenannte | |
Adresshändler, die sie aufbereiten und systematisiert zum Weiterverkauf | |
anbieten. Die Käufer können so beispielsweise Listen erstehen, in denen | |
ausschließlich Personen mit abgeschlossenem Hochschulstudium zu finden | |
sind, Handybesitzer, Abonnenten einer bestimmten Zeitschrift, Pächter eines | |
Kleingartens oder Weintrinker. | |
Die Kosten für so einen Datensatz richten sich nach der Qualität und der | |
Menge der Informationen – aber auch nach der mutmaßlichen Kaufkraft der | |
Zielgruppe. So bietet beispielsweise ein Adresshändler 8,8 Millionen | |
Adressen von Familien an. Die Listen stammen nach Angaben des Unternehmens | |
etwa aus Preisausschreiben von Kindersendungen im Fernsehen. Kostenpunkt: | |
120 Euro je 1.000 Datensätze, bei einem Mindestabsatz von 5.000 Adressen. | |
Zum Vergleich: 1.000 Datensätze von Katholiken kosten 110 Euro, in der | |
Akademiker-Datenbank werden 150 Euro für 1.000 Adressen fällig. Die Käufer | |
können hier wählen, ob sie lieber Beamte, technikaffine Menschen oder | |
solche mit mindestens zwei Titeln adressieren wollen. | |
Das Problem dieser Datenbanken ist der Anteil von veralteten Datensätzen. | |
Daher gibt es bereits jetzt Fälle, in denen Adresshändler Informationen aus | |
Melderegistern abfragen – illegal, wie Thilo Weichert, der | |
Datenschutzbeauftragte Schleswig-Holsteins, betont. Die Händler bedienen | |
sich dabei eines Tricks: Sie übernehmen auftragshalber die Anfragen von | |
Gläubigern, die ganz legal erfahren dürfen, wo ihr Schuldner wohnt. Die | |
Adresshändler behalten die gewonnenen Daten und verkaufen sie weiter. | |
Weichert glaubt daher, dass es mit dem neuen Gesetz tatsächlich zu einer | |
massenhaften Abfrage kommen wird. „Die großen Adresshändler werden sich | |
regelmäßig die aktuellen Bestände von der Behörde besorgen“, sagt der | |
Datenschutzbeauftragte der taz. Sie dürften diese Bestände dann billiger | |
weiterverkaufen. Der Nachteil für den Staat: Die erhofften Einnahmen würden | |
deutlich geringer ausfallen als stellte jeder Adresshändler und jedes | |
Unternehmen einzeln eine Anfrage bei der Meldebehörde. | |
9 Jul 2012 | |
## AUTOREN | |
Svenja Bergt | |
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