# taz.de -- Internationale Aids-Konferenz: Nicht nur behandeln, sondern heilen? | |
> Am Sonntag beginnt in Washington die 19. Internationale Aids-Konferenz | |
> mit 25.000 TeilnehmerInnen. Und mit viel Optimismus. | |
Bild: Röntgenbild in einem Krankenhaus für HIV/Aids-PatientInnen in Birma. | |
WASHINGTON taz | Erstmals seit 22 Jahren kommt die Internationale | |
Aids-Konferenz wieder in die USA. Sie beginnt am Sonntag Abend in | |
Washington. Mehr als 25.000 TeilnehmerInnen – darunter ForscherInnen, | |
AktivistInnen und PolitikerInnen – haben sich zu dem größten weltweiten | |
Aids-Treffen angekündigt. | |
WissenschaftlerInnen sprechen von einem „Wendepunkt“. 30 Jahre nach dem | |
Beginn der Epidemie glauben sie, dass eine „Heilung“ in greifbare Nähe | |
gerückt ist. Auch bei der Behandlung von HIV/Aids-PatientInnen und bei der | |
Vorsorge gegen Neuinfektionen haben sie zuletzt deutliche Fortschritte | |
gemacht. Doch zugleich sind Nichtregierungsorganisationen skeptisch. Denn | |
in der globalen Rezession ist der Kampf gegen Aids finanziell wie politisch | |
schwerer geworden. | |
Hinzu kommt, dass inzwischen zwar 8 Millionen HIV-Positive Zugang zu | |
Medikamenten haben, die ihr Leben spektakulär verbessert haben. Das sind | |
fast 2 Millionen mehr als noch vor zwei Jahren – doch immer noch weniger | |
als ein Viertel der weltweit 34 Millionen als HIV-positiv diagnostizierten | |
Menschen. | |
„Wir sind sehr stolz, dass wir diese Konferenz ausrichten können“, sagt | |
Diane Havlir, die Chefin der HIV/AIDS-Abteilung der Universität San | |
Francisco und eine der beiden Vorsitzenden der 19. internationalen | |
Aids-Konferenz. Erst die Entscheidung der Obama-Regierung in ihrem ersten | |
Amtsjahr, das Einreiseverbot für HIV-Positive aufzuheben, hat das möglich | |
gemacht. Zuvor trafen sich die ExpertInnen im Zwei-Jahres-Rhythmus an | |
anderen Orten des Planeten. Die letzte Welt-Aids-Konferenz in den USA hatte | |
1990 in San Francisco stattgefunden. Die Stimmung war düster: Es gab keine | |
Behandlungsmöglichkeit, und HIV war ein Todesurteil. | |
## In den USA warten 2.500 Menschen auf Medikamente | |
Wegen der Aufhebung des Einreiseverbots und auch, weil er als erster | |
US-Präsident 2010 eine umfassende Aids-Strategie vorgelegt hat, und weil | |
seine Gesundheitsreform Millionen von bislang unversicherten PatientInnen | |
einen Zugang zu medizinischer Versorgung öffnet, genießt Obama Sympathien | |
bei den TeilnehmerInnen der Konferenz. | |
Doch zugleich kritisieren sie, dass seine Regierung die Kampagne gegen | |
HIV-Infektionen durch Drogennutzung finanziell nur unzureichend | |
ausgestattet hat. Und dass in den USA gegenwärtig mehr als 2.500 Menschen | |
auf Wartelisten für Medikamente stehen. | |
Washington hat mit 3,2 Prozent der Bevölkerung die höchste Quote von | |
HIV-Positiven in den USA. Am stärksten betroffen sind die Gebiete am | |
Stadtrand, in denen mehrheitlich AfroamerikanerInnen leben und wo die Armut | |
besonders hoch ist. Unter den rund 50.000 jährlichen Neuinfektionen in den | |
USA sind sowohl Männer als auch zunehmend Frauen aus der afroamerikanischen | |
Community um ein Vielfaches stärker vertreten, als es ihrem Anteil an der | |
Gesamtbevölkerung entspricht. | |
## „Zweitgrößte Plage seit der Pest“ | |
Professorin Havlir nennt Aids, woran bislang weltweit 30 Millionen Menschen | |
gestorben sind, die „zweitgrößte Plage seit der Pest“. Doch gegenwärtig | |
sieht sie vor allem gute Nachrichten: Dazu gehören die Erfolge bei der | |
Behandlung von HIV-Positiven sowie die Prophylaxe gegen Neuinfektionen. | |
Unter anderem die Beschneidungen von Männern (was das Risiko einer | |
HIV-Infektion um 50 Prozent verringert), und die Vergabe von Medikamenten | |
(„Truvada“) an Paare, in denen eine Person HIV-positiv ist, die andere | |
nicht. | |
Mit dem Mittel sinkt die Infektionsgefahr für den negativen Erwachsenen, | |
und Babys werden ohne HIV geboren. Auch sie erwartet in den nächsten Jahren | |
ein Mittel, das heilen – statt bislang lediglich behandeln – kann. Für | |
diesen Optimismus sorgt unter anderem die unerwartete Heilung des | |
„Berlin-Patienten“ – eines HIV-Positiven in Berlin, der nach der Behandlu… | |
sekundärer Krankheiten auch den Virus verlor. | |
Die „D.C. Declaration“ zum Abschluss der Konferenz steht bereits im | |
Internet. Auch sie spricht von einem Wendepunkt. Doch zugleich geht es um | |
die ökonomischen Eckdaten. In neun Punkten listet die Erklärung | |
Notwendigkeiten auf. Darunter mehr Investitionen in die HIV-Prävention und | |
-Behandlung, eine Intensivierung von HIV-Tests, einen Abbau der Stigmata. | |
22 Jul 2012 | |
## AUTOREN | |
Dorothea Hahn | |
## TAGS | |
Schwerpunkt HIV und Aids | |
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