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# taz.de -- Prozess gegen Neonazis: Musizierende Wiederholungstäter
> Zwei Neonazis stehen vor Gericht: Sie sollen drei Jahre lang in Berlin
> rechtsextreme Lieder verfasst und vertrieben haben. Von der Anklage
> wollen sie nichts wissen.
Bild: Schaffensort der beiden Neonazis: Schöneweide.
Für die Staatsanwaltschaft sind die beiden Männer auf der Anklagebank des
Landgerichts Überzeugungstäter. In ihrem Wohnzimmer in Schöneweide sollen
der 26-jährige Gordon D. und sein Vater Uwe D. Songs und CDs mit derben
rechtsextremen Inhalten produziert haben. Die landeten 2009 auch im
Internet: beim von Neonazis betriebenen, inzwischen verbotenen Onlineradio
„European Brotherhood“.
Die beiden Angeklagten sind keine Unbekannten. Der 49-jährige Uwe D. galt
als Anführer der 2009 ebenfalls verbotenen Berliner Kameradschaft
„Frontbann 24“. Ihren Namen lehnte diese an die 1924 gegründete
Vorläuferorganisation der SA an, den „Frontbann“. Sohn Gordon D. soll nach
Informationen der Antifa auch der Kameradschaft angehört haben. Ihre Fans,
einer davon szenetypisch tätowiert, tummeln sich zur Prozesseröffnung
reichlich auf den Besucherplätzen.
Die Liedtexte, aus denen die Staatsanwaltschaft Kostproben präsentiert,
sind NS-Propaganda pur. „Sehen Sie, so sieht ein Jude aus. Er kann nicht
anders als lügen und betrügen“, heißt es da. Oder: „Hakenkreuz soll wied…
Symbol des deutschen Volkes sein.“ Punks wird Zyklon B angedroht, das von
der SS in Vernichtungslagern eingesetzte Giftgas. Auch die Cover der CDs
sollen laut Anklage den Nationalsozialismus verherrlicht haben, etwa durch
ein Bild Adolf Hitlers.
Eingesungen haben soll die Lieder Gordon D., der sich als Liedermacher
„Midgards Stimme“ nannte. Der in rechten Netzwerken bestens vernetzte Vater
hätte dann, zwischen 2007 und 2010, beim Marketing geholfen.
Auch die taz ist Opfer des Duos. In einem Internetvideo über die Nazikneipe
Zum Henker in Schöneweide sollen die D.s einen taz-Artikel eingespielt und
damit Urheberrechte verletzt haben. Gleiches geschah mit Ausschnitten aus
einem rbb-Beitrag sowie den Logos von SPD und Linken. Gezeigt wurde auch
die Geschäftsführerin der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus, Bianca
Klose. Die Bilder hätten laut Anklage den „Eindruck vermittelt“, Klose sei
an einem Angriff auf den Henker beteiligt gewesen. Klose ist nächste Woche
als Zeugin geladen.
Vielleicht braucht es ihre Aussage aber gar nicht. Denn das Gericht stützt
sich auf eine gute Beweislage. Darum hat es den Angeklagten eine
„Verständigung“ angeboten. Sollten Vater und Sohn D. ein Geständnis
ablegen, kämen sie mit Bewährungsstrafen davon: höchstens 16 Monate für
Sänger Gordon D., maximal 20 Monate für den mehrfach vorbestraften Vater.
Dazu könnte es noch bis zu drei Monate Rabatt geben, weil die Verhandlung
erst sehr spät eröffnet wurde.
Bis zum nächsten Prozesstag am Montag können sich die D.s den Deal
überlegen. Als Uwe D. in der Pause den Gerichtssaal verließ, ließ er
allerdings wissen, was er von den Vorwürfen hält: „Alles haltlos!“.
26 Jul 2012
## AUTOREN
Marina Mai
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