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# taz.de -- Kommentar Abitur nach dreizehn Jahren: Bummeln ist auch keine Lösu…
> Die Rückkehr vieler Bundesländer zum Abitur nach 13 Jahren ist lässt die
> Geburtsfehler der Schulzeitverkürzung unbehandelt – und pampert die
> Privilegiertenkinder.
Bild: Gegen die Massenabfertigung bei Bachelorstudiengängen.
Wie schön es doch war, früher. Als man als Schüler noch Muße hatte, eine
unbeschwerte Kindheit, die wahre Bildung. Und heute? Trimmen
Bildungsreformer die Schulen gnadenlos auf Effizienz, werden in
Klassenräumen Kinderseelen verheizt, und statt echter wahrer Herzensbildung
gibt es nur noch das knallharte Turbo-Abi.
So ähnlich ist der kitschig-verklärte Unterton, wenn hierzulande über die
Verkürzung der Zeit bis zum Abitur von 13 auf 12 Schuljahre gestritten
wird. Es ist übrigens die gleiche Begleitmusik, die auch die Einführung der
verkürzten und verschulteren Bachelor-Studiengänge begleitete. Als ob das
Bummelstudium alter Tage nicht viel zu oft zu einem gefrusteten Abbruch
geführt hätte.
Ein solches Maß an Verklärung können sich nur die Privilegierten erlauben,
die ihre Freiräume im Bildungssystem ohnehin seit jeher besser nutzen
konnten. Welches Arbeiterkind klagt darüber, dass es vor lauter
vollgepackter Stundenpläne am Nachmittag keine Zeit mehr für Klavierstunden
hat? Welcher Schüler, der als Erster in seiner Familie Abitur anstrebt,
macht sich ernsthaft Gedanken darüber, ob ihm die Oberstufe genug Raum für
ein teures Auslandsjahr bieten sollte?
Und doch rudern die meisten Bundesländer nun zurück. Vor der Landtagswahl
in Bayern fürchtet vor allem Horst Seehofer das wortgewaltige
Bildungsbürgertum und kündigt ruckzuck eine Reform der Reform an: Künftig
sollen Gymnasiasten gewissermaßen freiwillig sitzenbleiben können, wenn
ihnen das verkürzte Gymnasium zu stressig wird. Die eigentlichen
Geburtsfehler der Reform bleiben bei solchen, dem Wahlkampf geschuldeten
Sofortprogrammen unbehandelt – in Bayern wie anderswo.
Mit einer Wahloption zwischen Kurz- und Lang-Abi ist es nicht getan. Wer
die Schulzeit verkürzt, muss seine Schulen konsequent auf Ganztagsbetrieb
umstellen, von dem dann gerade die Schüler aus bildungsfernen Elternhäusern
profitieren könnten – auch wenn der Professorentochter dann eben weniger
Zeit für Klavierstunden bleibt.
Hauruckartig haben die Kultusminister ihre Reform umgesetzt und dabei
kopflos den zweiten Schritt vor dem ersten gemacht. Erst braucht es ein
kluges Ganztagskonzept, bei dem sich über den Tag Lern- und Freizeitphasen
abwechseln. Dann lässt sich vielleicht ein Jahr sparen.
31 Jul 2012
## AUTOREN
Bernd Kramer
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