# taz.de -- Synthetische Kohlenwasserstoffe: Flüssiger Strom als Energiespeich… | |
> Gesucht wird ein Energiespeicher, der gut zu transportieren ist und | |
> schadstoffrei verbrennt. Künstlich hergestellte Kohlenwasserstoffe | |
> könnten die Lösung sein. | |
Bild: Konventioneller Energiespeicher mit jeder Menge giftiger Inhaltsstoffe. | |
BERLIN taz | Strom wird nicht immer an dem Ort und zu der Zeit erzeugt, an | |
dem und zu der er gebraucht wird. Das ist seit der erneuten Energiewende | |
der Bundesregierung bekannt. Die Energie der Offshore-Windmühlen muss in | |
den Süden der Republik gebracht werden und steht auch nur dann zur | |
Verfügung, wenn Wind weht. | |
Ähnlich verhält es sich mit Sonnenenergie. Große Energieunternehmen wollen | |
die Wüsten dieser Welt nutzen, um mit riesigen Solaranlagen Strom zu | |
erzeugen. Ob regenerative Energie in den nächsten Jahrzehnten also die | |
dominante Energiequelle wird, hängt davon ab, ob neue Transport- und | |
Speichermöglichkeiten entwickelt werden. | |
Wissenschaftler der Universitäten Stuttgart und Bayreuth und des | |
[1][Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt] (DLR) wollen nun | |
herausfinden, inwieweit synthetisch produzierte Kohlenwasserstoffe diese | |
Aufgabe übernehmen können. Bislang wurde Strom entweder sofort verbraucht | |
oder mithilfe von Pumpkraftwerken in physikalische Energie umgewandelt und | |
gespeichert. | |
Die Umwandlung in chemische Energiespeicher wie Wasserstoff erschien | |
bislang als unwirtschaftlich und wenig sicher. Wasserstoff ist hochexplosiv | |
und muss unter hohem Druck gelagert und transportiert werden. | |
Kohlenwasserstoffe, die in Benzin, Diesel, aber auch Flüssiggas und Kerosin | |
enthalten sind, sind allerdings erheblich leichter zu handhaben. So klingt | |
es zunächst verlockend, aus Wind- oder Sonnenenergie Benzin machen zu | |
können. Herkömmliche Öltanker könnten in Zukunft die Energie aus Nordafrika | |
oder von Windparks in der Nordsee nach Rotterdam und Hamburg bringen. | |
## Aufwendiger Prozess | |
Um flüssige Kohlenwasserstoffe aus Strom herzustellen, ist aber ein | |
aufwendiger Prozess nötig. Zunächst werden durch Elektrolyse Wasserstoff | |
und Sauerstoff erzeugt. Bislang war dies der Stand der Technik, um | |
elektrische in chemische Energie umzuwandeln. | |
Der entstehende Sauerstoff wurde in die Atmosphäre abgelassen. In dem nun | |
entwickelten Verfahren wird er zur Vergasung von Biomasse eingesetzt. Dabei | |
wird ein Synthesegas produziert. In einem letzten Schritt werden aus dem | |
Elektrolysewasserstoff und dem Synthesegas die flüssigen Kohlenwasserstoffe | |
gewonnen. | |
Aus Strom, Wasser und Biomüll kann also Benzin erzeugt werden. Synthetische | |
Kohlenwasserstoffe, so erklärt Manfred Aigner vom DLR-Institut für | |
Verbrennungstechnik, könnten, anders als Benzin, Diesel oder Kerosin, in | |
nicht sehr fernen Tagen schadstofffrei verbrannt werden. | |
## Eine Frage der Wirtschaftlichkeit | |
Ob dieses Verfahren allerdings tatsächlich zukunftsträchtig ist, hängt von | |
seiner Wirtschaftlichkeit ab. Auch dies wird von den beteiligten | |
Wissenschaftlern nun berechnet. Der flüssige regenerative Strom, so die | |
Prognose der Forscher, könnte in Großkraftwerken, in Autos, aber auch in | |
Blockheizkraftwerken zur dezentralen Energieversorgung eingesetzt werden. | |
Natürlich kann der grüne Treibstoff auch als Feigenblatt fungieren. Nicht | |
umsonst sind die deutschen Luft- und Raumfahrtforscher beteiligt. | |
Vielleicht gibt es demnächst den ökologischen Transatlantikflug oder gar | |
eine als schadstofffrei angepriesene Marsexpedition. | |
3 Aug 2012 | |
## LINKS | |
[1] http://www.dlr.de/dlr/desktopdefault.aspx/tabid-10002/ | |
## AUTOREN | |
Lutz Debus | |
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