# taz.de -- Bürger gegen Windparks: Lieber dezentral Strom erzeugen | |
> Strom aus Offshore-Windanlagen werde überschätzt und neue Stromtrassen | |
> seien großenteils überflüssig. So lautet das Fazit der Einwendungen zum | |
> Planverfahren. | |
Bild: Der Aufbau von maritimen Windparks ist eine willkommene Materialschlacht … | |
BERLIN taz | Viele Bürger glauben nicht an die Sinnhaftigkeit der neuen | |
Windparks auf dem Meer. Und deshalb sprechen sie sich auch dagegen aus, | |
tausende Kilometer neuer Leitungen für den Windstrom durch Deutschland zu | |
bauen. Das ist der Haupttrend bei den rund 1.500 Stellungnahmen von Bürgern | |
und Organisationen im Planungsverfahren für die künftigen Trassen. | |
Die vier Betreiberfirmen des Höchstspannungsnetzes wollen vier große | |
Leitungen von Nord- und Ostsee in die süddeutschen Ballungszentren bauen. | |
Hinzu kommt eine Reihe kleinerer Projekte. Rund 1.500 Personen und | |
Organisationen haben sich in das Planungsverfahren eingeschaltet. | |
Einer der Einwender ist Hartmut Lindner von der Bürgerinitiative „Biosphäre | |
unter Strom“ im brandenburgischen Chorin. Seine Position fasst er so | |
zusammen: „Wenn man die dezentrale Stromproduktion stärker berücksichtigte, | |
nähme der Bedarf für den Ausbau des Netzes ab.“ Bundesregierung und | |
Netzunternehmen unterschätzten das Potenzial der erneuerbaren Energien an | |
Land systematisch. | |
## Die Regierung liegt falsch, sagt der Experte | |
Ähnlich sieht das Volker Quaschning, Professor an der Hochschule für | |
Technik und Wirtschaft in Berlin. Die Regierung liege falsch, wenn sie | |
damit rechnet, dass die Solarenergie im Jahr 2050 nur bis zu 79 Gigawatt | |
Strom erzeugen könne. Weil die Kosten der Solarproduktion sänken, der Preis | |
konventionell erzeugten Stroms hingegen weiter steige, würden Solaranlagen | |
immer attraktiver. Quaschning hält deshalb bis zu 200 Gigawatt im Jahr ab | |
2050 für möglich. Dann aber seien die geplanten Nord-Süd-Leitungen | |
mindestens teilweise überflüssig. | |
Weitere Einwände betreffen den Umweltschutz. Aktivist Lindner etwa | |
kritisiert, dass eine geplante Leitung in Brandenburg mit 350 Masten drei | |
Naturschutzgebiete durchschneide, darunter das Biosphärenreservat | |
Schorfheide-Chorin. | |
## Lebens- und Wohnqualität, Räume für Tiere: bedroht | |
Andere Bürger beklagen die Beeinträchtigung ihres Wohnumfeldes. Eine | |
Familie fürchtet, die Freileitung werde „Lebens- und Wohnqualität“ sowie | |
„Räume für Wildtiere zerstören“. Wenn überhaupt, solle man die Trassen | |
parallel zu Autobahnen und Bahnlinien bauen, fordern viele. | |
Die Stellungnahmen der Bürger sind für die Netzbetreiber nicht bindend. Sie | |
– und die Bundesnetzagentur als Genehmigungsbehörde – müssen sie allerdin… | |
nachvollziehbar würdigen. Die veröffentlichten Kommentare finden sich ab | |
heute auf [1][www.netzentwicklungsplan.de]. | |
22 Jul 2012 | |
## LINKS | |
[1] http://www.netzentwicklungsplan.de | |
## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Sovello stellt den Betrieb ein: Solarsterben geht weiter | |
Die Pläne einer Transfergesellschaft sind vom Tisch. Der | |
Solarzellenhersteller Sovello setzt sämtliche Mitarbeiter auf die Straße. | |
Schuld ist nicht nur die Konkurrenz. | |
Kritik am Trassenausbau ohne Wirkung: Netzbetreibern ist Bürgerprotest egal | |
Der neue Plan für den Netzausbau in Deutschland liegt vor. 2.000 | |
Stellungnahmen von Bürgern und Verbänden gingen ein. Geändert wurde fast | |
nichts. | |
Synthetische Kohlenwasserstoffe: Flüssiger Strom als Energiespeicher | |
Gesucht wird ein Energiespeicher, der gut zu transportieren ist und | |
schadstoffrei verbrennt. Künstlich hergestellte Kohlenwasserstoffe könnten | |
die Lösung sein. | |
Kommentar Energienetze: Die Trasse ist nicht alles | |
Wer gegen eine Stromautobahn kämpft, sollte wissen, wer für die neuen | |
Trassen verantwortlich ist: Lage und Dimension der klassischen Kraftwerke. | |
Hier muss der Umbau beginnen. | |
Debatte über Energiewende: Feindbild Strompreise | |
Die Energiewende ist gefährdet – nicht wegen zu weniger Stromnetze, sondern | |
weil Teile der schwarz-gelben Regierung nur noch über die Kosten reden. | |
Ausbau des Stromnetzes: Billiger als gedacht | |
Volkswirtschaftlich ist der Netzausbau günstiger als bisher gedacht, denn | |
ohne neue Netze würden ebenfalls Kosten anfallen. Die Verbraucher müssen so | |
oder so mehr zahlen. | |
Kosten der Energiewende: Ramsauer gegen Wale | |
Bundesverkehrsminister Ramsauer will abgeschwächte Umweltauflagen für die | |
Energiewende. Naturschützer und Umweltbundesamt widersprechen. | |
Streit um die Energiewende: Herr Hoffmann entdeckt den Naturschutz | |
Braunschweigs CDU-Oberbürgermeister wendet sich gegen Vorrangflächen für | |
Windräder und beruft sich dabei auf Baron Enoch zu Guttenberg. | |
Netzausbau versus dezentrale Versorgung: Energiestudie kommt später | |
Ob durch mehr lokale Anlagen der Netzausbau teils vermeidbar wäre? Das soll | |
erst bekannt werden, wenn die Entscheidungen gefallen sind. |