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# taz.de -- Oppositions-Bespitzelung: Grüne beschäftigen Verfassungsschutz
> Weil Niedersachsens Grünen-Landtagskandidat Jan Wienken vom
> Verfassungsschutz beobachtet wird, fragen Parteifreunde an, ob der Dienst
> auch über sie Informationen sammelt.
Bild: Wird hier der linksradikale Nachwuchs herangezüchtet? Grünen-Fraktionsc…
HANNOVER taz | Mit dem Fall des niedersächsischen Grünen-Politikers Jan
Wienken, den der Verfassungsschutz seit Jahren beobachtet, wächst die
Kritik an der Behörde von Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann
(CDU). Die Fraktionen von SPD, Grünen und Die Linke sprechen von einem
Skandal und fordern eine Unterrichtung des Verfassungsschutzausschusses
sowie Akteneinsicht. Politische Wegbegleiter des 25-jährigen
Landtagskandidaten beantragen bei der Behörde nun Auskunft darüber, ob man
auch über sie Akten führt.
„Rechnen muss man offenbar mit allem“, begründet diesen Schritt etwa Gregor
Möllring, Sohn von CDU-Finanzminister Hartmut Möllring und wie Wienken
einst Landessprecher der Grünen Jugend, heute im Grünen-Landesparteirat.
Helge Limburg, Grünen-Rechtspolitiker im Landtag, rät gar „jedem politisch
Aktiven aus dem linken Spektrum, ein Auskunftsersuchen zu stellen, damit
zumindest die Dimension der Beobachtung dieses Spektrums deutlich wird“.
Bekannt – und umstritten – war bislang, dass der Verfassungsschutz seit
Schünemanns Amtsantritt 2003 die Linkspartei samt ihren Abgeordneten
beobachten lässt. Dass mit Wienken auch Grüne als vermeintliche
Linksextremisten im Fokus stehen, wurde vergangene Woche öffentlich. Gegen
ihn liege ein Platzverweis von 2006 vor, teilte man Wienken auf Anfrage
mit, außerdem die Teilnahme an Protestaktionen 2008 und 2011. Letzteres
bestreitet Wienken (siehe Interview): Während der Demo 2011 sei er bei
einer Parteiveranstaltung gewesen.
Einen „Widerspruch“ sieht selbst Verfassungsschutz-Sprecherin Maren
Brandenburger. Ob Wienken an der Aktion 2011 teilgenommen hat oder nicht,
sei aber „nicht erheblich“: Brandenburger verweist auf „weitere
Erkenntnisse“, die die Beobachtung rechtfertigen, nennt aus
Datenschutzgründen aber keine Details. Dabei, betont sie, gehe es nicht um
Wienken als Mitglied der Grünen oder der Grünen Jugend, sondern um
linksextremistische Gruppen, in denen Wienken sich bewege.
„Überschneidungsbereiche“ zwischen Grüner Jugend und Autonomen, wie
Brandenburger es nennt, vermutet ihre Behörde indes schon länger: 2011
gerieten in Hannover Jugendliche ins Visier, die mit Hausbesetzungen ein
selbst verwaltetes Jugendzentrum forderten, darunter auch Minderjährige aus
der Grünen Jugend. Grünen-Politiker Limburg nennt das „eine Frechheit und
juristisch nicht begründbar“. Eine Hausbesetzung könne „ein Rechtsverstoß
sein, ein verfassungsfeindlicher Akt ist sie nicht“. Brandenburger sieht
das anders: Wer sich im „Überschneidungsbereich“ betätige, „läuft eben
Gefahr, beobachtet zu werden“. Schünemann erklärte zur Beobachtung der
Hausbesetzer, auch das Schaffen „herrschaftsfreier Zellen“ seien
„Bestrebungen gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung“.
Sigrid Leuschner von der SPD fordert Schünemann unterdessen auf,
offenzulegen, nach welchen Kriterien sein Verfassungsschutz Personen als
linksextremistisch einstuft. „Die bloße Anwesenheit bei öffentlichen
Veranstaltungen, an denen auch autonome Gruppen teilnehmen, kann ja wohl
nicht ausreichen“, sagt sie.
Ob Schünemann das ad hoc ausführen kann, ist fraglich: Für die Beantwortung
einer Kleinen Anfrage Limburgs zu Widersprüchen im aktuellen
Verfassungsschutzbericht erbat er sich jetzt bereits die zweite
Fristverlängerung. Limburg fragt etwa nach konkreten Fakten, warum der
Bericht militante Tierschützer und Anti-Castor-Initiativen als
verfassungsfeindlich einstuft.
Darüber ist man sich im schwarz-gelben Kabinett offenkundig uneins: Mit
„umfangreichen Abstimmungen innerhalb der Landesregierung“, erklärt das
Innenministerium die Verzögerung. Wäre der Bericht „fundiert und gründlich
recherchiert“, hält Limburg dem entgegen, „hätte die Antwort eigentlich
innerhalb einer Woche kommen müssen“.
3 Aug 2012
## AUTOREN
Teresa Havlicek
## TAGS
Die Linke
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