# taz.de -- Verfassungsschutz Niedersachsen: Linke bleibt Staatsfeind | |
> Die niedersächsische Landesregierung blockiert mit ihrer schwarz-gelben | |
> Mehrheit einen Antrag aller Oppositionsparteien, die Beobachtung der | |
> Linken-Abgeordneten einzustellen. | |
Bild: Schünemann schaut zu: Acht der zehn Linken-Landtagsabgeordneten lässt e… | |
HANNOVER taz | Niedersachsens schwarz-gelbe Landesregierung will von der | |
Beobachtung der Linkspartei durch den Verfassungsschutz nicht lassen. Den | |
unverzüglichen Abzug des Nachrichtendienstes von der Partei haben Grünen-, | |
SPD- und Linksfraktion am Freitag im Landtag in Hannover gefordert. Die | |
Regierungsfraktionen blockten den Antrag ab - mit ihrer Stimmenmehrheit. | |
Gleich nach seinem Amtsantritt 2003 hat Niedersachsens Innenminister Uwe | |
Schünemann (CDU) seine Verfassungsschützer angewiesen, die Linkspartei ins | |
Visier zu nehmen. Acht der zehn Linken-Landtagsabgeordneten lässt er | |
derzeit beoachten. Zu ihnen werden öffentlich zugängliche Informationen wie | |
Zeitungsartikel gesammelt. Eingesetzt werden in Niedersachsen auch | |
geheimdienstliche Mittel, wie im Januar im Zuge der bundesweiten Debatte | |
über die Ausrichtung der Verfassungsschutzbehörden herauskam. Dazu zählen | |
etwa der Einsatz von V-Leuten, Observationen, das Abhören von Telefonaten | |
oder das Öffnen von Post. | |
Ein "unverhältnismäßiger Eingriff in die freie Betätigung der Partei und | |
deren Chancengleichheit" sei eine derartige Beobachtung der Linken, heißt | |
es jetzt in dem Oppositionsantrag. Die einzelnen Abgeordneten seien dadurch | |
in der freien Mandatsausübung behindert. Im Gespräch mit BürgerInnen etwa | |
könnten sie keine Vertraulichkeit zusichern, sagte Linken-Fraktionschef | |
Hans-Henning Adler am Freitag im Landtag. Der Verfassungsschutz sei keine | |
unabhängige, sachkundige Instanz, sondern ein "Instrument des | |
Innenministers". | |
Der rechtspolitische Sprecher der Grünen, Helge Limburg, warf der Regierung | |
"Missbrauch" der Behörde vor. Die SPD-Innenpolitikerin Sigrid Leuschner | |
sprach von einem "Skandal". "Das tragen wir nicht mit", sagte sie. | |
Schwarz-Gelb gehe es um "pauschale Diffamierung, statt sich inhaltlich mit | |
einem politischen Gegner auseinanderzusetzen". Das ziehe sich "wie ein | |
roter Faden durch die Legislaturperiode". | |
Seit ihrem Einzug ins Parlament 2008 ist die Linkspartei liebstes | |
Angriffsziel von CDU und FDP. Niedersachsens CDU-Generalsekretär Ulf Thiele | |
fordert seither zu jeder sich bietenden Gelegenheit, "radikallinke | |
Parteigänger nicht mit Samthandschuhen anzufassen". Ministerpräsident David | |
McAllister (CDU) lässt sich gerne mit dem Satz "mir stinken die Linken" | |
zitieren. Vergangenen Herbst gipfelte die schwarz-gelbe Aversion in einem | |
Landtagsbeschluss, der die Partei für verfassungswidrig erklärt und in dem | |
sich alle Fraktionen "eindeutig" von ihr distanzieren - verabschiedet nur | |
mit den Stimmen der Regierungsfraktionen. | |
Als Beleg führen CDU und FDP immer wieder die Äußerung der | |
Linken-Bundesvorsitzenden Gesine Lötzsch an, der Kommunismus sei noch immer | |
erstrebenswert. Und auch an diesem Freitag warf Innenminister Schünemann | |
der Partei mangelnde Distanzierung zum "DDR-Unrechtsstaat" vor. Solche | |
Positionen seien mit dem Grundgesetz unvereinbar, sagte er: "Die | |
Beobachtung der Linkspartei ist keine politische Willkür." | |
"Die Pose des kalten Kriegers", hielt Linken-Fraktionschef Adler dem | |
entgegen, "ist nicht mehr zeitgemäß." In der Tat ist die Diskussion | |
andernorts, etwa im Bund, schon einen Schritt weiter: Als im Januar bekannt | |
wurde, dass 27 der 76 Linken-Bundestagsabgeordneten im Visier des | |
Verfassungsschutzes stehen, kam dort auch aus den Reihen von Union und FDP | |
Kritik. Selbst der sonst eher als Hardliner bekannte CDU-Innenpolitiker | |
Wolfgang Bosbach, Vorsitzender des Bundestagsinnenausschusses, zeigte sich | |
"überrascht" über die Anzahl der Bobachtungen und erklärte, allein die | |
Mitgliedschaft in der Linkspartei reiche nicht als Anlass. | |
Die Debatte blieb in Berlin nicht ohne Wirkung: Bundesinnenminister | |
Hans-Peter Friedrich (CSU) kündigte an, die Liste der beobachteten | |
Abgeordneten zu überprüfen. Sein niedersächsischer Amtskollege Schünemann | |
hält am entgegengesetzten Kurs fest: Dass andere Bundesländer die Partei | |
nicht überwachen, nannte er am Freitag falsch - ein "wehrhafter | |
Rechtsstaat" müsse sich schützen. | |
24 Feb 2012 | |
## AUTOREN | |
Teresa Havlicek | |
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