# taz.de -- Joachim Löw ist sauer: Auch Spanien hat einen Koch | |
> Vor dem Spiel der deutschen Fußballnationalmannschaft gegen Argentinien | |
> platzt Bundestrainer Löw der Kragen. Kritik begegnet er mit Trotz, zum | |
> Sportlichen sagt er wenig. | |
Bild: Nicht amüsiert: Joachim Löw beim Training vor dem Spiel am Mittwoch. | |
FRANKFURT/MAIN taz | Glaubt man der Bild-Zeitung, dann hat der deutsche | |
Fußball schwere Probleme zu bewältigen. Angeblich gibt es eine | |
„Hymnen-Diskussion“, eine „Memmen-Diskussion“ und eine „Luxus-Diskuss… | |
kurzum: Die deutsche Nationalmannschaft sei nur deswegen nicht | |
Europameister geworden, weil nicht alle elf Spieler die Nationalhymne | |
singen, weil es keine echten Führungsspieler gebe und weil die Profis viel | |
zu sehr gehätschelt würden. | |
Joachim Löw geht die Diskussionswut des bunten Blattes ziemlich auf die | |
Nerven, weswegen er im Vorfeld des Länderspiels gegen Argentinien | |
(Mittwoch, 20.15 Uhr, ZDF) seine Sicht der Dinge präsentierte. „Sie glauben | |
doch nicht, dass Millionen von Leuten beim Public Viewing zusehen, wenn | |
keine Siegertypen auf dem Platz stehen“, sagte Löw. | |
Exakt 46 Tage nach dem wegen einer taktischen Fehleinschätzung | |
mitverschuldeten EM-Ausscheidens brach Löw sein Schweigen in einer | |
unerwarteten Weise: Der 52-Jährige schaltete beim ersten öffentlichen | |
Auftritt anlässlich des Freundschaftsspiels auf Angriffsmodus. Löw redete | |
und redete, und viele Beobachter fragten sich: Hat der badische | |
Fußballlehrer jemals so bestimmt und druckvoll das Wort geführt? | |
Die Begrifflichkeit „Wutrede“ passte dennoch nicht, denn die entscheidende | |
Passage, den 25-minütigen Anfangsmonolog, hatte Löw offenbar durchdacht. | |
Nur die Zwischentöne entsprangen der Emotion. Sie zielten direkt auf die | |
zynische Stimmungsmache nach dem EM-Aus. „Teilweise habe ich die Kritik als | |
nicht zielführend und ermüdend empfunden.“ | |
## Führungsspieler Schweinsteiger | |
Und weiter: „Mit dieser Struktur und diesen Führungsspielern haben wir | |
extreme Fortschritte gemacht und fast alles gewonnen. Viele Mannschaften | |
mit ihren klassischen Führungsspielern sind weit vor uns nach Hause | |
gefahren.“ Explizit lobte Löw Philipp Lahm, Bastian Schweinsteiger und | |
Miroslav Klose. | |
Noch mehr geärgert habe ihn indes die populistische Hymnenzwang-Debatte. | |
Nur weil jemand die Nationalhymne nicht mitsinge, sei das doch „kein Beleg | |
für die Unlust, zu kämpfen“. Diese Kritik hat den Trainer im Mark | |
erschüttert. „Ich finde es fatal, dass man ihnen unterschwellig den Vorwurf | |
macht, sie seien keine guten Deutschen. Ich kenne die tiefsten | |
Beweggründe.“ | |
Und dann wollte Löw auch noch den Vorwurf der angeblichen Überversorgung | |
seiner Profis kontern. „Wir erwarten alle Spitzenleistungen. Die Spanier | |
haben auch einen Koch und fahren auch nicht nur mit dem Bus.“ Löws Auftritt | |
verriet viel Enttäuschung. Einsichtig wollte er sich nicht zeigen, was die | |
Bild-Zeitung gestern dann auch süffisant kommentierte: „Jogi Löw rechnet | |
mit allen ab – nur seine Spieler packt er in Watte.“ | |
Auf seinen Kardinalfehler, mit der Hereinnahme eines dritten defensiven | |
Mittelfeldspielers damals am 27. Juni die ausgeklügelte Balance im Spiel | |
der DFB-Elf zerstört zu haben, ging Löw nur ein, als er von „einem klaren | |
strategischen Plan“ sprach, „von dem ich zu 100 Prozent überzeugt war, wir | |
haben dann nicht unseren eigenen Stil durchgesetzt“. Vielleicht auch, weil | |
etliche Bayern-Spieler („Wir hatten nur eine einzige komplette Woche | |
Vorbereitung mit ihnen“) körperliche Defizite hatten. | |
## Ein bisschen Demut | |
Bei sportlicher Kritik, räumte der trotzige Mann immerhin ein, könne er | |
jedoch Zugeständnisse machen; der Begriff „Demut“ fiel zweimal. | |
Weiterhin gab Löw zu Protokoll: „In manchen Bereichen sind wir besser als | |
bei der WM 2010 gewesen.“ So habe seine Elf offensiv mehr Abschlüsse | |
kreiert und sei auch defensiv besser organisiert gewesen, „nur war unsere | |
Chancenauswertung schlecht“. Zudem würde man noch nicht das moderne | |
Pressing beherrschen, den Ball – wie die Spanier – in den ersten zehn | |
Sekunden zurückzuerobern. | |
Spanien verfüge nun mal über eine Ausnahmegeneration mit Automatismen, „die | |
bei uns noch nicht so greifen“. Dennoch werde er, der eine erste EM-Analyse | |
mit allerlei Zahlenwerk bereits dem DFB-Präsidium vorgestellt hat, unbeirrt | |
versuchen, genau dieses Niveau zur WM 2014 in Brasilien zu erreichen. Löw: | |
„Es ist immer noch ein kleiner Schritt von der Weltklasse, in der wir uns | |
befinden, in die Weltspitze.“ Aber der Weg stimme. Und das Konzept auch. | |
„Mit einem Titelgewinn hat es jetzt noch nicht geklappt, aber wir werden | |
weiter danach streben.“ | |
15 Aug 2012 | |
## AUTOREN | |
Frank Hellmann | |
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