| # taz.de -- Trikotwerbung für Integrationsprojekt: Dann geht mal schön! | |
| > Alle Bundesligisten machen diesen Spieltag Trikotwerbung für ein | |
| > Integrationsprojekt. Dass dessen Slogan etwas arg Forderndes hat, stört | |
| > kaum einen. | |
| Bild: Gruppenbild mit Merkel: Der Einheitslook für ein Wochenende. | |
| Zumindest die Fans von Werder Bremen können sich an diesem Wochenende | |
| freuen. Denn an diesem 3. Spieltag der Saison wird ihre Mannschaft auf das | |
| Logo ihres umstrittenen Sponsors Wiesenhof verzichten. Auch alle anderen | |
| Bundesliga-Mannschaften werden Trikots tragen, auf denen statt der üblichen | |
| Werbe-Schriftzüge die einheitliche Parole „Geh deinen Weg“ prangt. Nanu? | |
| Zwanzig Jahre ist es her, dass sich die ganze Bundesliga das letzte Mal für | |
| eine ähnliche Kampagne einspannen ließ. Nach den pogromartigen | |
| Ausschreitungen im August 1992 in Rostock-Lichtenhagen traten damals alle | |
| Mannschaften mit dem gleichen Trikot-Spruch an, damals lautete er „Mein | |
| Freund ist Ausländer“. Auch diesmal gilt die Aktion wieder einem gut | |
| gemeinten Zweck. „Ziel ist es, ein deutliches Zeichen für Integration und | |
| Vielfalt in Deutschland zu setzen“, heißt es dazu. | |
| „Dieses Signal für Integration wird Millionen von Menschen erreichen“, gab | |
| sich Bundeskanzlerin Angela Merkel überzeugt, als sie am Donnerstag im | |
| Kanzleramt die Aktion vorstellte, als deren Schirmherrin sie dient. Uli | |
| Hoeneß, Präsident des FC Bayern München und einer der Ideengeber, lobte | |
| seine Konkurrenzvereine dafür, dass sie für einen Spieltag auf ihre | |
| Trikotwerbung verzichten. | |
| Das sei „das stärkste Signal für Integration, seit es Menschen in | |
| Deutschland gibt, die nicht hier geboren sind, aber hier arbeiten und | |
| leben“, legte Wolfgang Fürstner von der „Deutschlandstiftung Integration�… | |
| die bei der Kampagne die Feder geführt hat, sogar noch eine Schippe drauf. | |
| Die „Deutschlandstiftung Integration“ geht auf eine Initiative des Verbands | |
| Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) zurück. Bislang ist sie vor allem mit | |
| einer Plakatkampagne in Erscheinung getreten, für die Prominente wie der | |
| Rapper Sido, der Boxer Arthur Abraham, die TV-Moderatorin Gülcan Kamps oder | |
| die niedersächsische Ministerin Aygül Özkan dem Betrachter ihre | |
| schwarz-rot-gold-gefärbte Zunge entgegenstreckten. „Raus mit der Sprache. | |
| Rein ins Leben“ lautete der Slogan, der keck dazu aufforderte, doch bitte | |
| richtiges Deutsch zu lernen. | |
| Auch jetzt bildet die Bundesliga-Aktion nur den Auftakt zu einer | |
| Anzeigenkampagne, an der bekannte Fußballprofis wie Jérôme Boateng, Ilkay | |
| Gündogan und Änis Ben-Hatira mitwirken werden. Sie werben für ein | |
| Mentorenprogramm, das am 1. Oktober startet. Menschen, die erfolgreich im | |
| Berufsleben stehen, sollen dafür 150 Stipendiaten mit Migrationshintergrund | |
| über zwei Jahre hinweg als Mentoren mit Rat und Tat zur Seite stehen. | |
| ## Spitzenförderung statt Integrationsoffensive | |
| Der Aktionstag und das Stipendienprogramm seien trotz des gemeinsamen | |
| Slogans „strikt zu trennen“, betonen die Macher. Sie können aber nicht den | |
| Eindruck zerstreuen, dass da mächtig viel Werbeaufwand für eine ziemlich | |
| kleine Sache betrieben wird. 150 Stipendien, das klingt jedenfalls mehr | |
| nach Spitzenförderung als nach einer breiten Integrationsoffensive. | |
| Die Aktion habe „hauptsächlich Symbolcharakter“, kritisiert die | |
| stellvertretende SPD-Chefin Aydan Özoguz. „Solche Aktionen müssten mit | |
| Programmen unterlegt werden, in denen Jugendliche konkret angesprochen, bei | |
| der Integration begleitet und in der Ausbildung unterstützt werden, wie es | |
| auch die Stiftung Bundesliga mit ihren Projekten macht.“ Auch das Motto sei | |
| „eher individualistisch“, wundert sie sich. „Integration bedeutet ja | |
| eigentlich, dass man miteinander seinen Weg geht und dass die Gesellschaft | |
| zusammenwächst.“ | |
| Auch könnte man sich fragen, ob die Zeitungs- und Zeitschriftenverleger für | |
| die Integration nicht noch eine Menge mehr tun könnten, als nur peppige | |
| Plakate zu drucken und sich lustige Kampagnen auszudenken. Zum Beispiel, | |
| mehr Journalisten mit Migrationshintergrund einzustellen. Oder aber, seine | |
| Mitglieder zu einer sensibleren Berichterstattung zu bewegen. | |
| ## Doppelmoral der Zeitungen | |
| Nach dem Ausscheiden bei der EM hatte etwa die Bild-Zeitung aus dem | |
| Springer-Verlag, der sich besonders stark für die Deutschlandstiftung | |
| engagiert, den Nationalspielern mit Migrationshintergrund unterstellt, | |
| ihnen fehle es an Siegeswillen, weil sie die Nationalhymne nicht inbrünstig | |
| genug mitgesungen hätten – einen Vorwurf, den Sami Khedira im vergangenen | |
| Monat zu Recht als „beleidigend“ zurückwies. Entschuldigt hat sich die | |
| Bild-Zeitung dafür nicht. | |
| Angesichts solcher Debatten stellt sich die Frage, ob die Losung „Geh | |
| deinen Weg“ nicht doch ein wenig an den wirklichen Problemen vorbeigeht. | |
| Sie erweckt den Eindruck, als würde es nur an fehlender Motivation oder | |
| Entschlossenheit liegen, dass vielen Migrantenjugendlichen der soziale | |
| Aufstieg nicht gelingt. Aber was, wenn sich jemand dir in den Weg stellt? | |
| Dazu sagt die Kampagne nichts. | |
| Dabei ist das ein Problem, das beileibe nicht nur Fußballspieler mit | |
| Migrationshintergrund betrifft, wie der Kölner Fußballprofi Kevin Pezzoni | |
| erfahren musste. Er löste seinen Vertrag beim 1. FC Köln auf, weil er es | |
| nicht mehr ertrug, von den Fans für den Abstieg seines Vereins | |
| verantwortlich gemacht und brutal gemobbt zu werden. Auch die endlose und | |
| quälende Debatte um das Outing von Bundesliga-Spielern spricht hier Bände. | |
| Bei der Pressekonferenz im Kanzleramt stellte ein Journalist Angela Merkel | |
| denn auch die Frage, wie man zum Beispiel Fußball-Profis dazu ermuntern | |
| könne, öffentlich zu ihrer Homosexualität zu stehen. Und was sagte die | |
| Kanzlerin dazu? „Ich bin der Meinung, dass jeder, der die Kraft aufbringt | |
| und den Mut hat, wissen sollte, dass er in einem Land lebt, wo er sich | |
| eigentlich davor nicht fürchten sollte“, sagte Merkel. Bemerkenswert war | |
| dabei vor allem das Wort „eigentlich“. Das klingt nach: Geh deinen Weg! | |
| Viel Glück dabei. Und lass uns in Ruhe. | |
| 15 Sep 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Daniel Bax | |
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| Schwerpunkt Sport trotz Corona | |
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