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# taz.de -- Verdeckte Ermittler bei Fußballfans: „Das führt zu weiterer Esk…
> Jan Korte, MdB der Fraktion Die Linke, fordert ein Stadionverbot für
> verdeckte Ermittler der Polizei in der Fußballfanszene. Alles andere sei
> „staatliche Schnüffelei“.
Bild: Gegnerische Teams auf dem Platz: Fans und Polizei.
taz: Herr Korte, wie jetzt bekannt wurde, versucht die Polizei V-Leute in
Ultragruppierungen einzuschleusen. Unter dem Deckmantel der Fankultur käme
es dort auch zu Straftaten, so die Argumentation. Was spricht gegen dieses
Vorgehen der Sicherheitsbehörden?
Jan Korte: Gegen die Praxis spricht nach der historischen wie auch
aktuellen Erfahrung, dass sie bei den Fans und in der Gesellschaft generell
für Misstrauen sorgt. Ein solches Vorgehen ist nie verträglich mit einem
demokratischen Rechtsstaat. Die staatliche Schnüffelei in den Fankurven
deutscher Stadien hat mit dem Fair-Play-Gedanken des Fußballsports nichts
zu tun und muss aufgeklärt werden. Ich fordere ein sofortiges Stadionverbot
für V-Leute. Außerdem muss jetzt natürlich in Bund und Ländern geklärt
werden, inwieweit die V-Leute bei Ausschreitungen als engagierte
Provokateure aufgetreten sind und ob wirklich nur die Ultras von der
Bespitzelung betroffen sind.
Sie vermuten, dass V-Leute Krawalle provoziert haben könnten?
Die Frage müssen wir zumindest stellen, denn Ähnliches zeigt die generelle
Erfahrung mit der V-Leute-Praxis. Noch wissen wir nicht viel, aber wir, die
Linksfraktion, bereiten jetzt eine Kleine Anfrage vor [Fragestellung eines
Parlamentariers an die Exekutive, sie ist ein Instrument der
parlamentarischen Kontrolle; d. Red.], die schnellstmöglich eingebracht
werden soll. Es muss offengelegt werden, seit wann und in welchem Umfang
das Ganze praktiziert wird.
Ultragruppierungen sind nach außen hin stark abgeschottete Gruppen, die
bisweilen auch kriminelle Handlungen tolerieren. Welche
Handlungsalternativen sehen Sie?
Ich sehe da im Grunde nur eine Möglichkeit: den Dialog zwischen Fans,
Polizei und Politik. Miteinander ins Gespräch zu kommen, um Gewalt – was
logischerweise unser aller Anliegen ist – präventiv zu begegnen. Einige
Länder und im Rahmen der Innenministerkonferenz auch der
Bundesinnenminister setzen aber auf Kontrolle und Überwachung. Und das ist
der falsche Weg. Man kann nicht pauschal ganze Fangruppierungen mit
Methoden bekämpfen, die man ansonsten zur Verbrechensbekämpfung benutzt.
Normale Fans werden also unter Generalverdacht gestellt?
Richtig. Ein solches, letztlich geheimdienstliches Vorgehen bedeutet, dass
alle mit ins Visier kommen. Das heizt natürlich das Misstrauen an, anstatt
Vertrauen zu schaffen.
Welche Gefahren birgt die V-Leute-Problematik für die ohnehin angespannte
Situation zwischen Fans, Politik und DFB?
Der Dialog zwischen Fanvertretern, DFB und Innenbehörden ist beschädigt.
Der DFB muss sich nun entscheiden, ob er nicht endlich die Fanvertreter in
alle Gespräche, in denen es um die Sicherheit oder Stadionverbote geht,
einbindet. Und die Politik muss klarstellen, dass sie auf Gemeinsamkeiten
und Dialog setzt. Doch was aktuell gemacht wird, ist das genaue Gegenteil.
Es darf nicht das Ziel der Politik sein, eine Hochsicherheitszone wie jetzt
in London um Stadien und Fans zu ziehen. Das spaltet, anstatt
zusammenzuführen. Dies führt nur zu weiterer Eskalation.
16 Aug 2012
## AUTOREN
Jannis Carmesin
## TAGS
Stadionsicherheit
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