| # taz.de -- Fußballfans und DFB: Mit dem Dialog am Ende? | |
| > Weil sich die Fußballfanorganisationen nicht ernst genommen fühlen, haben | |
| > sie dem DFB ein Ultimatum gestellt. Der Abbruch der Gespräche droht. | |
| Bild: Die woll'n doch nur spielen: Fans und Fußballer beim Relegationsspiel He… | |
| Als sich Fanvertreter und Verbandsfunktionäre Anfang August in Frankfurt | |
| treffen, ist die Stimmung miserabel. Die Arbeitsgruppe (AG) Fanbelange | |
| tagt. Zwei Wochen zuvor sind DFB, DFL, die Vereine, die Innenminister der | |
| Länder und Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) zur | |
| „Sicherheitskonferenz“ zusammengekommen, um über Fangewalt im deutschen | |
| Fußball zu diskutieren und am Ende einen „Verhaltenskodex“ zu | |
| unterzeichnen. Fanvertreter sind nicht eingeladen worden. | |
| Nachdem am Ende der vergangenen Saison Politiker vermehrt repressive | |
| Maßnahmen forderten, ärgerte das die Fanvertreter erneut. Es kommt zu | |
| heftigen Diskussionen; die Fans fühlen sich vor vollendete Tatsachen | |
| gestellt. Die ursprünglich geplante Tagesordnung wird gekippt. An diesem | |
| Tag soll nur über den Sicherheitsgipfel diskutiert werden. | |
| Wie die taz nun erfuhr, setzten die Vertreter der Fanorganisationen dem DFB | |
| ein Ultimatum: Bis zum 17. August, also dem vergangenen Freitag, müsse der | |
| DFB klar kommunizieren, dass die Abschaffung von Stehplätzen in deutschen | |
| Stadien nicht nur „zunächst“ (DFB-Generalsekretär Helmut Sandrock), sonde… | |
| generell kein Thema sei. | |
| Auch die diskutierte Verlängerung der Höchstdauer von Stadionverboten von | |
| drei auf fünf beziehungsweise bis zu zehn Jahren sei zu verwerfen. Außerdem | |
| solle der DFB klarstellen, dass ein Verhaltenskodex für Fans niemals von | |
| oben aufgesetzt werden dürfe, sondern stets aus den Fanszenen selbst kommen | |
| müsse. | |
| ## Heftige Reaktion angedroht | |
| Andernfalls – so sagte ein Sprecher der Vereinigung Pro Fans der taz – sei | |
| im Laufe des Montags vonseiten der Fans eine „heftige Reaktion“ zu | |
| erwarten. Intern wird noch diskutiert, wie diese aussehen könnte, doch die | |
| Gedankenspiele reichen bis hin zum kompletten Ausstieg aus den Gesprächen. | |
| Zu einer solchen Entscheidung seitens der Fans war es bereits im September | |
| 2010 gekommen, als die Fanorganisationen aus der AG Fandialog, dem | |
| Vorgängergremium der AG Fanelange, austraten und so für deren Auflösung | |
| sorgten. | |
| Ein Signal des DFB kam am vergangenen Freitag, kurz vor Ablauf des | |
| Ultimatums. In einer E-Mail an die Fanorganisationen kündigte der | |
| DFB-Fanbeauftragte Gerald von Gorissen an, dass sich DFB-Sicherheitschef | |
| Hendrik Große Lefert nicht wie geplant auf der verbandseigenen Plattform | |
| dfb.de, sondern auf eine entsprechende Anfrage gegenüber der taz äußern | |
| wolle. | |
| Im Interview versuchte Große Lefert die Wogen zu glätten. „Der Fußball hat | |
| zu keinem Zeitpunkt die Zielrichtung verfolgt, Stehplätze abzuschaffen“, | |
| stellte Große Lefert klar. Der Druck käme regelmäßig vonseiten der Politik. | |
| Auch bei der diskutierten Verlängerung der Höchstdauer von Stadionverboten | |
| schiebt der DFB den Schwarzen Peter von sich. | |
| „Wir haben uns ganz klar dafür ausgesprochen, dass wir gerade bei | |
| Jugendlichen nicht von den drei Jahren abrücken sollten“, sagte Hendrik | |
| Große Lefert. Gleichzeitig schränkte er aber auch ein: Stadionverbote bis | |
| zu zehn Jahren seien in den extremsten Fällen denkbar, wenn die | |
| „Gefahrenprognosen“ entsprechend ausfielen. Ob die Verlängerung rechtlich | |
| haltbar ist, sollen Juristen in der neu gegründeten „AG Stadionverbote“ | |
| ermitteln, die sich am morgigen Dienstag erstmals trifft. | |
| ## Enormer Druck von der Basis | |
| Außerdem sagte Große Lefert, dass der Sicherheitsgipfel in vielen Punkten | |
| medial falsch transportiert worden sei. Der Verhaltenskodex solle lediglich | |
| die Position und die Philosophie der Vereine dokumentieren. Ein | |
| „Verhaltenskodex für Fans“ sei ein ganz anderes Thema. „Das muss sich aus | |
| den lokalen Fanszenen selbst entwickeln“, sagte Große Lefert. | |
| Ob die Fanvertreter sich mit diesen Bekenntnissen zufrieden geben, ist zu | |
| bezweifeln. Sie stehen unter dem enormen Druck aus der breiten Fanbasis, | |
| schnell positive Ergebnisse zu liefern. Der DFB betont, man sei um den | |
| Dialog zu den Fans bemüht und wolle Kompromisse finden. „Allein die AG | |
| Fanbelange hat sich seit November 2011 fünfmal getroffen“, sagte Hendrik | |
| Große Lefert. Dazu kämen unter anderem die AG Deeskalation, die AG | |
| Stadionverbote oder die ständige Kommunikation mit der Koordinationsstelle | |
| Fanprojekte. Die Fans fühlen sich trotzdem nicht ernst genommen. | |
| „Es geht nicht um die Existenz, sondern um die Qualität des Diskurses“, | |
| sagte einer der Fanvertreter. Die Verbände nähmen die Treffen nur pro Forma | |
| wahr, in den zentralen Entscheidungen würden die Ergebnisse des Dialogs | |
| doch wieder nicht berücksichtigt. „Die Verbände“, klagte ein Fanvertreter, | |
| „sehen uns nicht als Partner auf Augenhöhe.“ | |
| 19 Aug 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Jannis Carmesin | |
| ## TAGS | |
| FC Hansa Rostock | |
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