# taz.de -- Ausländer in Zwickau verprügelt: Die NSU-Heimat im Zwielicht | |
> Ein gezielter Übergriff auf zwei Ausländer in Zwickau wirft die Frage | |
> auf: Will die Neonazi-Szene im Heimatort der NSU-Terrorzelle bewusst ein | |
> Zeichen setzen? | |
Bild: Das ehemalige Versteck des NSU ist zerstört, die Neonaziszene in Zwickau… | |
DRESDEN taz | Nach einem besonders schweren und offenbar gezielten Überfall | |
auf zwei Ausländer in Zwickau haben der Staatsschutz und das | |
Landeskriminalamt Sachsen die Ermittlungen an sich gezogen. Da man von | |
einem fremdenfeindlichen Hintergrund ausgehe, könnten die Erfahrungen der | |
Soko Rex von Vorteil sein, sagte eine LKA-Sprecherin der taz. | |
Am Sonntagmorgen gegen ein Uhr war vor dem Tanzcafé „Eden“ ein Kleinbus | |
vorgefahren, dem sechs bis zehn junge Männer entstiegen. Mit „Heil | |
Hitler“-Rufen und anderen rassistischen Parolen visierten sie nach Angaben | |
von Augenzeugen gezielt ausländische Gäste an. Ein 26-jähriger Türke und | |
ein 46-jähriger Iraner wurden bei der folgenden Schlägerei schwer verletzt. | |
Eine Augenzeugin sprach von einem „eingetretenen Auge“. Eines der Opfer | |
befindet sich weiterhin im Krankenhaus. | |
Die sächsische Stadt Zwickau steht in keinem guten Licht da, seit bekannt | |
wurde, dass sich das rechte NSU-Terrortrio hier jahrelang unerkannt | |
aufhielt. Nachdem die mutmaßliche Terroristin Beate Zschäpe im November des | |
Vorjahres das Wohnhaus in der Frühlingsstraße anzündete und publik wurde, | |
dass die Terrorzelle von hier aus ihr Unwesen trieb, rückte die Stadt im | |
Südwesten Sachsens plötzlich ins mediale Rampenlicht. Dem Image des Stadt | |
diente es da nicht, als es kurz darauf im Stadion und in der Spielerkabine | |
des Fußballvereins FSV Lok Zwickau zu Rufen wie „Terrorzelle Zwickau, olé, | |
olé“ kam. | |
Auch die Landesregierung war da keine große Hilfe: Es dauerte bis zu Beginn | |
dieses Jahres, bis Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) auf | |
einer Kundgebung in Zwickau endlich klare Worte gegen die Gewalt von rechts | |
fand. Dabei listet das Antifa-Rechercheteam vor Ort auf seiner Homepage | |
allein für dieses Jahr zahlreiche gewalttätige rechte Übergriffe, aber auch | |
Zeugnisse einer latent fremdenfeindlichen Stimmung in der Stadt auf, | |
darunter ein Überfall auf ein Familienfest, einen Brandanschlag auf ein | |
vietnamesisches Geschäft oder die Ausweisung ausländischer Gastschüler aus | |
einem Lokal. | |
Linken-Stadtrat René Hahn erinnert zudem an eine vorsätzliche Attacke auf | |
einen linksorientierten Jugendlichen vor wenigen Wochen beim Stadtfest. | |
Dennoch sieht Hahn Zwickau nicht als besondere Nazi-Hochburg an, und trotz | |
des gezielten Angriffs auf Gäste des Tanzlokals will er noch nicht von | |
systematischem Terror sprechen. | |
Kenner der rechten Szene bestätigen, dass das „Freie Netz Zwickau“ eher in | |
einer Krise steckt, seit die Mordserie der NSU aufflog. Das gelte für die | |
Nazi-Bewegung bundesweit, gibt die Linken-Landtagsabgeordnete Kerstin | |
Köditz zu bedenken. Die antifaschistische Sprecherin ihrer Fraktion glaubt, | |
dass die verunsicherte Szene deshalb mit spektakulären Aktionen bewusst | |
Präsenz und Aktivität demonstrieren will. Die Zwickauer Täter könnten | |
deshalb auch von auswärts gekommen sein und sich die Stadt bewusst | |
ausgesucht haben, zumal sie unvermummt auftraten. | |
Köditz kritisiert zugleich, dass die Idee, aus dem teils zerstörten | |
Zschäpe-Wohnhaus ein alternatives Jugendzentrum zu machen, keine Resonanz | |
fand. Mit 54.000 Euro Fördermitteln des Landes wird das Gebäude in der | |
Frühlingsstraße derzeit abgerissen, um Nazis keinen künftigen | |
„Wallfahrtsort“ zu bieten. | |
29 Aug 2012 | |
## AUTOREN | |
Michael Bartsch | |
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