# taz.de -- Bio-Bauer über Öko-Landwirtschaft: „Gesünder ist Bio trotzdem�… | |
> Friedrich-Wilhelm Graefe zu Baringdorf, der vor 30 Jahren seine | |
> Landwirtschaft auf Öko umgestellt hat, über Bio-Labels, Rote Bete und | |
> Kinderarbeit. | |
Bild: Die Verbraucher entscheiden mit ihrer Kaufkraft mit, welche Art von Landw… | |
taz: Eine neue Studie hat festgestellt, dass Biolebensmittel nur wenig | |
gesünder sind als konventionelle. Warum sollen Verbraucher dann zu | |
Bioprodukten greifen? | |
Graefe zu Baringdorf: Seit 50 Jahren bin ich Bauer, und vor 30 Jahren habe | |
ich auf Bio umgestellt. Ein wichtiger Grund war, meinen Hof der | |
Industrialisierung in der Landwirtschaft zu entziehen und die bäuerliche | |
Landwirtschaft fortzuführen. | |
Viele Verbraucher wollen gesündere Lebensmittel, sie versprechen sich von | |
Bio Vorteile. | |
Der biologische Landbau ist mehr als Gesundheit, wir produzieren keine | |
Medizin. Aber wir verwenden keine Chemie und keine Gentechnik, das ist | |
gesetzlich vorgeschrieben. Das ist ein riesiger Vorteil für die Umwelt. | |
Wenn Leute nur zu Bioprodukten greifen, weil sie 90 statt 70 Jahre alt | |
werden wollen, dann ist das für mich als Erzeuger nicht der erste Grund, | |
auf Bio umzustellen. Gesünder ist Bio trotzdem. | |
Warum? | |
Wir verwenden keine Pflanzengifte. Die reichern sich ja nicht nur in der | |
Nahrung an, sondern auch in den Böden und Gewässern. Aber es geht nicht nur | |
um die Gesundheit: Vielen Verbrauchern sind zum Beispiel die Regionalität | |
wichtig oder die Arbeitsbedingungen der Produzenten. Eine Banane wird nicht | |
gesünder, wenn sie nicht durch Kinderarbeit auf den Markt gebracht wurde – | |
aber der Verbraucher kann sie mit einem guten Gewissen essen. | |
Welche Vorteile sehen Sie noch? | |
Die Biolandwirtschaft ist eine solare. Der Stickstoff, den unsere Pflanzen | |
benötigen, kommt unter anderem durch den Anbau von Leguminosen in den | |
Boden. Dadurch wird der Einsatz von Dünger auf Erdölbasis vermieden. Die | |
Verbraucher tragen mit ihrer Kaufentscheidung dazu bei, welche Art von | |
Landwirtschaft wir haben: die industrielle oder die biologisch-bäuerliche. | |
Dass die Verbraucher Macht haben, zeigt zum Beispiel die Gentechnik. In | |
Europa hätte sich die Gentechnik in der Landwirtschaft längst durchgesetzt, | |
wenn die Verbraucher nicht so vehement dagegen wären. | |
Manche Biobetriebe geraten in die Kritik, weil sie immer größer werden und | |
damit den konventionellen folgen. Ist die Kritik berechtigt? | |
Fraglich ist, ob der Anbau von 50 Hektar Rote Beete in einer Parzelle | |
ökologisch ist und Massentierhaltung artgerecht. Die Größe der Betriebe | |
allein ist aber kein Kriterium. Wenn die Bauern die Bedingungen der | |
Bioverordnung erfüllen, ist das in Ordnung. | |
In manchen Betrieben kommt es zu Unregelmäßigkeiten, da werden | |
konventionelle Produkte als bio vermarktet. | |
Solche Missstände gibt es, aber dann ist kriminelle Energie im Spiel. Das | |
ist ein Fall für den Staatsanwalt. Kriminelle Machenschaften gibt es in | |
allen Branchen. Wichtig ist: Biobetriebe, die schummeln, verlieren ihre | |
Biolizenz und damit ihre Geschäftsgrundlage. | |
5 Sep 2012 | |
## AUTOREN | |
Richard Rother | |
## TAGS | |
Tierschutz | |
Bioland | |
Massentierhaltung | |
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