# taz.de -- Massaker in Venezuela: Indigene kritisieren Dementi | |
> Hugo Chávez gerät wegen eines mutmaßlichen Massakers an 80 Yanomami immer | |
> mehr in die Kritik. Er weist alle Hinweise darauf zurück. | |
Bild: Hat nichts gefunden: Hugo Chavez. | |
BUENOS AIRES taz | Am Mittwoch versicherte der Präsident erstmals selbst, | |
dass es keine Hinweise auf eine Gewalttat gebe. „Glücklicherweise haben wir | |
keinerlei Anzeichen für ein Massaker auf venezolanischem Territorium | |
gefunden“, sagte Hugo Chávez während einer Pressekonferenz. | |
Eine eilends von den Behörden eingesetzte Untersuchungskommission hatte | |
Ende letzter Woche mehrere Yanomami-Gemeinschaften in der betroffenen | |
Region im Bundesstaat Amazonas besucht. Ihr öffentliches Fazit: keine | |
Anzeichen einer Gewalttat. | |
Der Fall sorgte weltweit für Schlagzeilen, nachdem die Organisation | |
Survival International darüber berichtet hatte, dass in der | |
Yanomami-Gemeinschaft von Irotatheri im südlichen Bundesstaat Amazonas bis | |
zu 80 Yanomami von illegalen Goldsuchern aus Brasilien getötet worden | |
seien. | |
Survival International stützt sich auf eine Anzeige der | |
Indianerorganisation Horonami Yanomami (HOY) bei der venezolanischen | |
Staatsanwaltschaft: Augenzeugen hätten von einem Massaker Anfang Juli | |
berichtet, bei dem das Gemeinschaftshaus der Yanomami verbrannt und Leichen | |
bis zur Unkenntlichkeit verkohlt sein sollen. | |
Die Koordinierungsgruppe der Indigenenorganisationen des Amazonas (Coiam) | |
hatte das Dementi der Regierung bereits am Montag als vorschnell | |
kritisiert. Die von den Behörden eingesetzte Untersuchungskommission sei | |
überhaupt nicht bis zur Yanomami-Gemeinschaft in Irotatheri vorgedrungen, | |
heißt es in einer Stellungnahme. Coiam forderte die Regierung auf, die | |
Ermittlungen fortzusetzen und die Yanomami-Gemeinschaft in Irotatheri | |
aufzusuchen. | |
## „Das ist Schönfärberei“ | |
Am Donnerstag kritisierte Survival International die Äußerungen der | |
venezolanischen Regierungsvertreter als Schönfärberei. Präsident Chávez | |
wird aufgerufen, alle illegalen Goldgräber aus dem Gebiet auszuweisen und | |
vor Ort eine angemessene Untersuchung der Vorfälle einzuleiten. „Die | |
Regierung benimmt sich, wie es schon alle Regierungen in Lateinamerika vor | |
ihr getan haben, die die eigene Reputation vor das Leben der indigenen | |
Bevölkerung gestellt haben. Als Nächstes werden wir hören, dass wir Teil | |
einer kapitalistischen Verschwörung sind, die die Regierung im Wahljahr | |
destabilisieren will, so Stephen Corry, Chef von Survival International. | |
Bestätigt ist, dass die brasilianische Bundespolizei am 17. Juli in der | |
brasilianischen Grenzprovinz Roraima in unmittelbarer Nähe zur Kleinstadt | |
Puerto Acucho auf venezolanischer Seite eine groß angelegte Operation gegen | |
fünf illegale Goldgräbergruppen durchführte. Ziel war die Vertreibung der | |
sogenannten Garimpeiros aus den Gebieten der Yanomami. Ob sich einige der | |
illegalen Goldsucher nach Venezuela abgesetzt haben, ist nicht bekannt. | |
Berichte darüber, dass die seit einigen Jahren laufenden Aktionen der | |
brasilianischen Bundespolizei die Goldsucher ins Nachbarland ausweichen | |
lassen, gibt es allerdings schon lang. | |
Harsche Kritik äußerte der Gouverneur des Bundesstaates Amazonas, Liborio | |
Guarulla. Guarulla, selbst Indigener, wirft der Regierung vor, ihr Handeln | |
ziele nur darauf ab, das Thema zu unterdrücken. So sei der | |
HOY-Exekutivdirektor Luis Ahiwei Shatiwe in ein Militärlager gebracht | |
worden und habe Redeverbot. „Shatiwe war die erste Person, die öffentlich | |
über das mutmaßliche Massaker redete. Man kann sagen, die Militärs haben | |
ihn und zwei andere Personen entführt“, sagte der Gouverneur der Zeitung El | |
Nacional. | |
In der venezolanisch-brasilianischen Amazonasregion leben rund 32.000 | |
Yanomami-Indianer. 1993 waren 16 Yanomami von illegalen brasilianischen | |
Goldsuchern ermordet worden. | |
7 Sep 2012 | |
## AUTOREN | |
Jürgen Vogt | |
## TAGS | |
Recherchefonds Ausland | |
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